Gutenbergs Erben in Nürnberg – Ausstellung Druckkunst
Aktualisiert am 04. Februar 2019 von Susanne Berg mit Bildergalerie
Von der Lutherbibel über den Simplicissimus bis zum Spiegel: Dass Nürnberg einst und heute ein Zentrum der Druckindustrie ist, davon kann man sich im Museum Industriekultur in Nürnberg überzeugen. In der sehr sehenswerten Ausstellung „Weiße Kunst – Schwarze Kunst“ die soeben eröffnet wurde, kann man die Entwicklung der Nürnberger Druckkunst von den Anfängen bis heute verfolgen und auch selbst Hand anlegen.
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Er ist der heimliche Star dieses Vormittags: Auf der Pressekonferenz zur Ausstellungseröffnung scharen sich die KollegInnen der schreibenden Zunft am meisten um Heinz Schneider. Der 77jährige kleine Mann führt uns das Setzen der einzelnen Buchstaben vor. Er sieht zehn Jahre jünger aus und holt die metallenen Lettern bald aus diesem Setzkasten, bald aus jenem Schubfach heraus. Er führt einen beruflichen Alltag vor, der für ihn mehr als vierzig Jahre lebensbestimmend bei den Nürnberger Nachrichten war. Aus einer Zeit, in der das Drucken und Setzen noch aufwändigste Handarbeit, der Berufsstand der DruckerInnen und SetzerInnen einer der stolzesten war. Verbittert wirkt er nicht. Im Gegenteil. „Das kommt doch alles wieder“, sagt er und meint die vielen jungen Auszubildenden, die die NN zu Beginn ihrer Lehrzeit für eine Woche in die historische Druckwerkstatt schickt. Die seien regelmäßig begeistert, freut er sich.
Von den Wänden blicken die Porträts von Gutenberg, Regiomontanus, von Koberger und Felsecker u.a. zu uns herab. „Sie schauen zu, was aus ihrer Kunst geworden ist“, erklärt Matthias Murko, Leiter des Museums Industriekultur, die Idee des Ausstellungskonzeptes. Als in den 1990er Jahren der Computer in den Medienhäusern Einzug hielt, boten diese ihre alten Maschinen und Bleiletter-Setzkästen dem Industriemuseum an. Bald richtete das Museum eine historische Bleisatzwerkstatt ein. Doch viele weitere angesammelte Objekte zwangen zur Überarbeitung des Konzeptes. Deshalb hat das Museum die Bleisatzwerkstatt aus der Zeit um 1930 mit seinen Objekten grundlegend neu strukturiert. Sie bildet gemeinsam mit einer temporären Ausstellung über die Ursprünge der Papierherstellung in China und den Anwendungsbereichen des Papieres von Taschentüchern, Postkarten bis zu Katalogen die aktuelle Ausstellung „Weiße Kunst – Schwarze Kunst“. Bis zum 11. Oktober lädt sie auch zu vielen praktischen Vorführungen ein.
Ein Hauch von Druckerschwärze und Maschinenöl scheint von den zahlreichen Druckmaschinen auszugehen, die hier zu sehen sind und an manchen Tagen von ehemaligen Druckern und Setzern in Bewegung gebracht werden. Von der Kniehebelpresse, mit der schon die Gutenberg-Nachfolger druckten, über die Linotype von 1924 bis zur Heidelberger Druckmaschine vermitteln diese Maschinen einen lebendigen Eindruck des Druckerhandwerkes.
Nürnberg gehörte neben Köln, Augsburg, Paris, Venedig und Rom zu den Städten in Europa, die sich ab etwa 1461 zu den europäischen Zentren des Buchdrucks entwickelten. Wegbereiter für die Anfänge in Nürnberg sind v.a. Ulman Stromer mit seiner ersten Papiermühle nördlich der Alpen und Johannes Sensenschmidt, der gemeinsam mit Heinrich Kefer bei Gutenberg gelernt haben soll und seine Kenntnisse in Nürnberg angewendet hat. Dazu kommen eine gut entwickelte Metallindustrie sowie intensive Handelsbeziehungen. Der Ratsherr Ulman Stromer mit elterlichem Handelshaus und Niederlassungen in halb Europa reiste viel. In Italien lernte er das Handwerk des Papierschöpfens kennen und nahm sich kurzerhand ein paar Vertreter der Zunft mit zurück nach Nürnberg. Dort errichtete er um 1390 herum seine berühmte Papiermühle. Somit modernisierte er die bis dahin aufwändige Papierherstellung aus Tierhäuten, indem Papier nun aus Lumpen (Hadern) geschöpft und für eine Massenproduktion tauglich wurde. „Spätestens um 1470 sind Gutenbergs Erfindungen von mobilen Lettern und seiner Druckerpresse in Nürnberg angekommen“, erklärt Matthias Murko. Damit war der Weg bereitet, um die Bibelübersetzung Martin Luthers zu verbreiten. Nicht umsonst sprach dieser von Nürnberg als dem „… Auge und Ohr Deutschlands“.
Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799)
Physiker und Schriftsteller
„Was kann ich Ihnen noch zeigen?“, fragt Heinz Schneider schon zum dritten Mal, als die Kolleginnen und Kollegen von NN, NZ, BR und anderen Medien sich wiederholt um ihn gruppieren. Ohne auf eine Antwort zu warten, erzählt er von selber weiter, wie das funktioniert hat mit dem „Daumen drauf halten“ im Winkelhaken, dass man darauf achten musste, keinen „Fisch“ (eine falsch einsortierte Letter) zu erwischen und wie das war, als er gemeinsam mit seinen Kollegen Zwölfstundenschichten bei den NN geschoben hat. Es sind genau diese kleinen Geschichten, denen wir einfach zuhören. Man möchte sich die Tasche von der Schulter streifen, Stift, Block und Kamera zur Seite legen und am liebsten noch lange verweilen. Vielleicht beginnt ja doch noch eine der Pressen und Maschinen einfach mit der Arbeit.