Wenn der Chefkoch rot sieht – Neuzugang auf der Burger-Besten-Liste
Aktualisiert am 04. Februar 2019 von Markus Wolf
Wir waren ganz überrascht, als wir für einen Test in den neuen Burgerladen in der Pfannenschmiedsgasse kamen. Obwohl der Laden schon einige Zeit geöffnet hatte, waren die Einrichtungsgegenstände sauber und unverbraucht.
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Es wurde einiges in das neue Equipment investiert, um der neuen Geschmacksoffensive Herr zu werden. Obwohl dieser Ort bekannt für seinen Self-Service ist, wurden wir heute am Tisch bedient. Sehr gut dachten wir, da müssen wir uns nicht mehr anstellen und können getrost warten, bis die extrem leckeren Burger direkt zu uns gebracht werden.
Das erste Restaurant von Richard und Maurice wurde am 15. Mai 1940 in San Bernardino (Kalifornien) eröffnet. Die beiden Brüder erlangten 1948 große Berühmtheit, da sie eine innovative und rationelle Art der Burger-Zubereitung einführten. Gleichzeitig setzten sie auf die damals recht unübliche Methode der Selbstbedienung. Jetzt, 67 Jahre später, wirft der Burgerbrater diesen Self-Service über Bord und möchte wieder auf Tuchfühlung zu den Kunden gehen. Ich empfinde schon jetzt Mitleid für die zahlreichen Servicekräfte.
Einige Minuten später erschien auch schon die freundliche Bedienung und machte uns auf zahlreiche Sonderangebote aufmerksam. Für den Vortragsstil hatte sich das Team von Walter Freiwald inspirieren lassen, der nicht umsonst zu den größten Fernsehstars unserer Zeit zählt. Minuten später, die ich gerne durch das Drücken der Vorspul-Taste verkürzt hätte – für die unter 30-jährigen: ja, es gab früher eine solche Taste – kam sie endlich zum Angebot des Tages. Wir bestellten beide den Burger mit Fritten und freuten uns auf die kreative Konstruktion aus Eiweiß, Geschmacksverstärkern, künstlichen Aromen, Transfettsäuren und massenhaftem Salz und Zucker.
Besonderes Augenmerk legten wir auf die Tomate. Die vom Chefkoch persönlich geschnittene Tomatenscheibe ist jedes Mal ein Hochgenuss der optischen und kreativen Selbstentfaltung. Die Natürlichkeit des strahlenden Rots bleibt auch noch nach sechs Wochen erhalten. Tischnachbarn aus einer ukrainischen Region nördlich von Kiew erkannten die frische Tomate als ein Produkt ihres Landes. Der erste Biss in den Burger ist immer der spannendste. Wird sich wie beim letzten Mahl der Mageninhalt schneller nach oben bewegen, als der Bissen des Burgers entgegengesetzt rutscht? Nein, den ersten Bissen habe ich überlebt. Auch die Ex-Teleshopping-Fachkraft war sichtlich überrascht und lächelte mich entzückt an.
Ich hatte wohl das Interesse einiger Gäste geweckt, sie kamen näher und feuerten mich regelrecht an. „Du schaffst es!“ konnte ich Sprechchöre zwei Reihen hinter mir hören. Doch plötzlich wurde es still, ich setzte zum nächsten Bissen an und tatsächlich, ich schaffte auch diesen. Tosender Applaus rollte als La-Ola-Welle durch den Burgerladen. Den dritten und vierten Bissen schaffte ich ohne größere Probleme, bis sich in mir so ein sonderbares Gefühl breit machte, das auch nach dem fünften Bissen nicht vergehen wollte. Unbeirrt setzte ich zum letzten Bissen an, doch da wurde mir schlagartig bewusst, um welches Gefühl es sich hier handelte und schneller als der Wind rannte ich in Richtung Toilette. „Schade,“ meinte die Servicekraft, „fast hätte es einer geschafft, vielleicht das nächste Mal“.
Nachdem mir mein Magen gezeigt hatte, was er von dieser denaturierten Eiweiß-Kohlenhydrat-Kombinationen hielt, erholte ich mich zusehends. Die frische Luft – auf der Toilette – tat mir gut und ich ging nach einiger Zeit wieder zurück in den Gastraum. Einzelne Gäste waren noch anwesend und versuchten mich aufzumuntern. Sie meinten, ich sollte es unbedingt später nochmal probieren, ich wäre doch so nahe dran gewesen.
Selbst der Chefkoch kam persönlich an unseren Tisch und ich nutzte die Chance ihm zu der perfekt geschnittenen Tomate zu gratulieren. Das nächste Mal wird alles besser…