Selfmade per Crowdfunding – So gelingt die Unabhängigkeit

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Geballtes Fachwissen von Crowdfunding-Experten traf auf große Neugier beim Publikum der DISCOVER:ME Konferenz. Foto: © Daniel Bendl / Nürnberg und so

Einen ganzen Tag im Kino verbringen? Was nach dem Traum für jeden Cineasten klingt, wurde Pfingsten in Nürnberg Realität. Doch statt viereckiger Augen gab es inspirierende Bewusstseinserweiterung rund um das Thema Crowdfunding und am Ende doch noch einen Film.

Es ist gar nicht so leicht Menschen von der eigenen Idee zu begeistern und obendrein zu überzeugen Geld für die Realisierung zu geben. Auch wenn Crowdfunding-Kampagnen oftmals locker leicht und sympathisch wirken, steckt für deren Macher echte Arbeit dahinter. Mal eben schnell loslegen und für einen fixen Einfall Geld einsammeln? Fehlanzeige. Darin waren sich alle Vortragenden während der DISCOVER:ME im Multiplexkino Cinecitta einig.

Wirtschaftsreferent Michael Fraas Unterhaltung

Wirtschaftsreferent Michael Fraas im Gespräch Foto: © Thilo Schumann / Nürnberg und so

Eröffnet wurde die Konferenz von Nürnbergs Wirtschaftsreferent Dr. Michael Fraas. Mit Bezug auf die vor kurzem angekündigte Schließung einer Eisfabrik merkte er an: "Schade, dass wieder ein Traditionsbetrieb schließt, aber schaut doch auch mal, was Neues entsteht“ und verwies auf die vielfältigen Entwicklungen im ehemaligen Quelle-Areal. Der Bezug zum Thema Crowdfunding erschloss sich mir jedoch nicht ganz, wirkte doch der löbliche aber doch auch verzweifelte Versuch der Macher von Wir kaufen die Quelle e.V. 25 Millionen Euro per Crowdfunding einzusammeln nahezu aussichtslos. Da wirkt das Angebot von Fraas „Für all jene, die sich fragen, wer der Ansprechpartner für Quelle-Angelegenheiten ist kann ich nur sagen: Hier steht er“ mit Kenntnis der städtischen Absicht an einen Großinvestor (Diese Woche wurde das Gebäude an einen portugiesischen Investor per Versteigerung vergeben) zu vergeben erst recht im Nachgang wie Spott. Aber das nur am Rande.

Der Initiator der DISCOVER:ME Jørg Kundinger äußerte sich zu Tagesbeginn mit dem Satz „Es wird immer gesagt: Facebook hat keine Alternative, Google hat keine Alternative. In Deutschland gibt es beim Thema Crowdfunding aber Alternativen“ und verwies auf Denis Bartelt als einen mehrerer Vertreter von Startnext. Die größte deutschsprachige Crowdfunding-Plattform („Seit 2009 missionieren wir das Thema Crowdfunding in D, Ö und der Schweiz") wartet mit über einer halben Millionen Nutzern und einer Erfolgsquote von fast 60 Prozent auf. Ein erfreulicher Beleg, dass wir in Deutschland eben nicht immer nur amerikanische Portale brauchen. Auch wenn der weltweit bedeutendste Spieler auf dem noch jungen Markt der Crowdfunding-Anbieter Kickstarter aus den USA kommt und gerade auf den deutschen Markt drängt, mache ich mir um die Relevanz und den Fortbestand von Startnext keine Sorgen.

Sag Servus und Salam

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde aller knapp 100 Teilnehmer im Stile von Webmontag & Co. berichtete Benedikt Fuhrmann von seinem Crowdfunding-Projekt. 2005 reiste er nach Iran und stellte Ungewöhnliches fest: "Die Leute sind ja nett, sogar die Frauen sind locker“ spielte er mit einem Augenzwinkern auf die durch mediale Berichterstattung geprägten Vorurteile an. Als er zwei Jahre später voller Faszination und vielseitiger Eindrücke zurückkehrte, beschloss er eine Multimediaausstellung über das Land zu machen.

„Man sollte beim Crowdfunding darauf scheißen, ob es funktioniert oder nicht: Einfach Mut haben es überhaupt anzugehen.“

Was folgte war eine nervenaufreibende Tour Finanziers zu finden. Der Versuch Stiftungen, Fördervereine, Menschen mit Geld und Verstand vom Projekt zu überzeugen erntete zwar Anerkennung, jedoch nicht die benötigten Gelder. „Wer bleibt dann noch übrig? Alle Anderen, also die Crowd“ leitete Benedikt die folgerichtige Entscheidung es eben per Crowdfunding zu versuchen ein. Ein einfacher und prägnanter Spruch, der helfen würde die Botschaft von der Ausstellungsidee zu verbreiten, musste her und wurde mit „Sag Servus und Salam“ gefunden. Nun ging es darum Aufmerksamkeit zu erregen. Neben klassischen Marketingmaßnahmen wie Shirts, Flyern und Buttons produzierte man einen kleinen Film, bei dem Menschen die Plakate mit der Ausstellungsidee in die Kamera hielten.

Kampagnenvideo der Multimediaausstellung über Iran.

Neben dem grundsätzlichen Anliegen ein solches Kulturprojekt anzugehen, fasziniert auch die Erfolgsgeschichte. Über 50.000 Euro wurden bei Startnext eingesammelt, es gab unter anderem eine religionsübergreifende Veranstaltung mit gemeinsamen Gebet in einer katholischen Münchener Kirche, internationale Vorträge (u.a. Uni in Kanada) zum Thema und in anderen Städten waren Menschen vom Konzept begeistert und griffen die Thematik in kleineren Projekten (z.B. „Sag Moin und Salam“ in Hamburg) auf.

Besonders Benedikt Fuhrmann schaffte es meiner Meinung nach das Wichtigste beim Crowdfunding zu kommunizieren: Echter Wille und Überzeugung vom eigenen Projekt. „Es ist ein Prozess den man durch macht. Egal ob du scheiterst, vielleicht entdeckst du dabei auch einfach nur, was in dir selbst schlummert. Du kannst also nur gewinnen.“

Schaffen eines Wir-Gefühls

Es folgte die erste Podiumsdiskussion. Moderiert vom Leiter des Bayerischen Zentrums für Kultur- und Kreativwirtschaft Dirk Kiefer, tauschten Anna Theil (Startnext), Jørg Kundinger, Evelyn Hribersek (O.R.pheus) und Benedikt Fuhrmann Erfahrungen und Ansichten aus. So war zu erfahren, dass die Crowdfunding-Projekte am erfolgreichsten sind, die statt dem Was das Warum erzählen. „Vielen fällt es aber auch schwer, das Warum zu erklären, weil es oft auch etwas sehr persönliches ist“ meinte Anna dazu. Außerdem ist es wichtig zu wissen, wie viel Wissen ich voraussetzen kann.

Wenn die Zielgruppe technisch versierte Menschen sind, kann man ihnen die neueste Produktidee sicher einfacher vermitteln, als dem Kulturpublikum. Außerdem: „Der Markt muss auch reif sein für das Produkt“ sagt Evelyn, die beim ersten Crowdfunding-Anlauf scheiterte. Im Gegensatz zum klassischen Marketing, bei dem man die Zielgruppe auswählt und darauf die Kommunikation abstimmt, spricht man beim Crowdfunding hingegen zunächst die Masse, also eigentlich alle an. Trotzdem sollte dem Crowdfunding immer auch das Crowdbuilding vorausgehen oder zumindest während des Projektverlaufs nicht vernachlässigt werden. "Ein Wir-Gefühl muss erst einmal geschaffen werden“ sagt dazu Anna Theil von Startnext.

Moderator und vier Podiumsteilnehmer auf Bühne im Cinecitta Nürnberg

Welche Erfahrungen gibt es und welche Tipps kann man auf dem Weg geben? Das Diskutierte Moderator Dirk Kiefer mit den Teilnehmern der Podiumsdiskussion. Foto: © Thilo Schumann / Nürnberg und so

Crowdfunding ist populär, weil es stark über soziale Netzwerke funktioniert und damit erst groß geworden ist. Umso wichtiger ist es den Kontakt über eben jene Netzwerke nicht nur zu initiieren, sondern eben auch aufrecht zu halten. Von allen Panelteilnehmern wird besonders hervorgehoben, dass gute Vorbereitung essentiell ist. Und Crowdfunding benötigt Zeit. Das wird oft unterschätzt. Jørg Kundinger ging noch auf die Chancen für Unternehmen durch Crowdfunding ein. So wäre es doch denkbar, dass ein großer Energiekonzern als Funder z.B. beim mobilen Wasserkraftwerk fürs Handgepäck Blue Freedom in Erscheinung tritt, um dem eigenen Anspruch von nachhaltiger Energieerzeugung Ausdruck zu verleihen ohne in direkter Konkurrenz zum Produkt zu stehen.

Nachhaltigkeit in sexy

Als ein Mann im plüschigen Einhornkostüm auf die Bühne des Cinecitta trat, wurde eines unmissverständlich deutlich: Beim Crowdfunding geht es zwar nicht nur, aber eben auch ums Auffallen. Waldemar Zeiler erzählte von der Einhorn-Story.

Kampagnenvideo über die nachhaltig produzierten Kondome.

Rückblickend gibt es einige Erkenntnisse, die Waldemar dem Nürnberger Publikum auf den Weg gab: "Sich selbst spielen bzw. man selbst sein ist wichtig. Niemand will deine berufliche Hülle im Anzug sehen.“ Außerdem sollte man an die Presse denken und genügend Material bereit halten. So genügte einerseits für einen Bericht in der ARD ein zehnminütiges Skype-Interview und für den Rest des Beitrages bediente sich der Sender an dem in HD produzierten Videomaterial von Einhorn. Insgesamt gelang dem Social-Entrepeneur-Projekt eine enorme Medienaufmerksamkeit, die Waldemar trotzdem in Relation setzte: „Trotz Millionen-Sichtbarkeit in allen Kanälen haben wir nur 100.000 Euro eingenommen. Auf der Startnext-Seite waren nur 80.000 Besucher. Das zeigt, wie viel sich da in Deutschland noch tun muss.“ Dank der sozialen Komponente (Die Hälfte der durch den Verkauf erlösten Gelder fließen in gerechte Entlohnung der Kautschuk-Bauern) haben sich zunächst viele Menschen bei Einhorn gemeldet, die auch ohne Bezahlung bereit waren das Projekt durch Einsatz und ihre Arbeitskraft zu unterstützen. Nach und nach werden einige von ihnen sogar als Mitarbeiter eingestellt.

Zeit und Kosten im Blick

In der zweiten Podiumsrunde diskutierte Startnext-Gründer Tino Kressner mit Dr. Michael Gebert vom German Crowdfunding Network und Crowdfunding-Pionier Wolfgang Gumpelmaier. Von den weltweit mehr als 800 Crowdfunding-Plattformen gibt es allein in Deutschland über 90. Wichtiger als die Existenz solcher Anbieter für Crowdfunding-Vorhaben, ist jedoch die Kompetenz der dahinter hart arbeitenden Teams. Dies unterstrich Tino von Startnext. So ist es nach seiner Aussage von Vorteil, sich mit der jeweiligen Branche der Projekte gut auszukennen. „Ich selbst könnte ein Sportprojekt mit meinem kreativen Background nie richtig beraten, weil es etwas anderes ist, wenn ein Sportfunktionär erst über mehrere Stufen im Verband eine Freigabe einholen muss, wohingegen ein Musiker bei uns einfach von heute auf morgen starten kann“ schildert der Dresdner die Sicht der Plattform mit einem hohen kreativen Projektanteil.

Workshop Crowdfunding Nürnberg

Während im großen Saal diskutiert wurde, fanden im benachbarten Raum den ganzen Tag über Workshops statt. Foto: © Thilo Schumann / Nürnberg und so

Michael Gebert hob noch einmal die Relevanz einer optimalen Vorbereitung hervor: "80 Prozent des Erfolgs liegen in der Vorbereitung.“ Wolfgang Gumpelmaier fügte an, dass auch die Kostenseite einer Crowdfunding-Aktion nicht vernachlässigt werden darf. So spielt neben der abzuführenden Umsatzsteuer die Provision (4-12 Prozent) der Crowdfunding-Plattform eine Rolle. Auch die zur Verfügung stehenden Bezahlmethoden müssen im Blick behalten werden. Nutzen also potentielle Unterstützer (Funder) eher eine Kreditkarte, Services wie Paypal oder klassische Wege wie Überweisung?

Aber auch auf Seite der Crowdfunding-Anbieter darf die Sicht durch die Finanzbrille nicht verloren gehen. Neben den Personalkosten ist der Aufwand für den technischen Unterhalt sowie die Fortentwicklung nicht zu unterschätzen. Während Kickstarter einen sehr gut aufgestellten Medienpartner hinter sich weiß, muss beispielsweise Startnext – das selbst noch ein Startup ist – allein mit den Provisionen auskommen. Das sich deren Macher richtig für die Projekte engagieren, bewies Tino Kressner eindrucksvoll: „Die Projektbetreuung durch die Plattform ist extrem wichtig für den Erfolg eines Crowdfunding-Projekts. Während wir 60 Prozent erfolgreiche Projekte bei Startnext vorweisen können, sind es bei Indigogo 10 und bei Kickstarter 38 Prozent."

Crowd statt Marktanalyse

Oft entstehen durch Crowdfunding neue Existenzen. Andererseits kann jedes etablierte Unternehmen eine Crowdfunding-Kampagne starten. So z.B. die Aquakin UG aus Fürth. Die Firma hat sich auf die Entwicklung von Kleinwasserkraftwerken spezialisiert und verfolgt laut Geschäftsführer Leif Schoeller die Vision, dass jeder Mensch in der Lage ist regenerative Energie auf nachhaltigem Weg zu erzeugen. Da passt das erfolgreich finanzierte Projekt Blue Freedom perfekt ins Konzept. Fast 200.000 Dollar nahmen er und sein Team bei Kickstarter für die Mikroturbine ein. Mit diesem Projekt wollen die Fürther ihrer Herzensangelegenheit „enkeltaugliche Energieerzeugung“ ein großes Stück näher kommen.

Foyer Cinecitta Netzwerken

Im Foyer des Cinecitta gab es bei guter Versorgung viele Möglichkeiten sich auszutauschen. Foto: © Daniel Bendl / Nürnberg und so

Wie wichtig gute Pressekontakte sind, zeigt sich auch bei Blue Freedom. Unter den Gründern befindet sich der erst 20jährige Benedict, der einen Online-Redakteur von Chip kennt. Das Magazin griff das innovative Produkt in seiner Berichterstattung auf und „seit dem ging das Ding mit über 200 Medienberichten durch die Decke“ erzählte Leif Schoeller. Da Blue Freedom das Potential für weltweite Funder hat, entschieden sie sich für das englischsprachige Kickstarter und fanden Unterstützer in über 60 Ländern. Die Besucher der DISCOVER:ME erfuhren außerdem, wie es überhaupt zu Blue Freedom kam. Ein Wanderfreund des Mitgründers Stephan Pacardo meinte einmal „Ihr macht doch Wasserkraftwerke. Könnt ihr nicht mal ein kleines für die Tasche bauen?“

Als Ingenieur lies Stephan dieser Gedanke nicht los und „nach zwei Wochen stand der Prototyp.“ Drei Tage nach Kampagnenstart waren bereits 50.000 Dollar erreicht. Für die Unterstützer der eigenen Kampagne bietet man Pledges an, also quasi das Dankeschön für die Beteiligung. Das können kleine Aufmerksamkeiten, das eigentliche Produkt oder Specials sein, die bei größerer finanzieller Unterstützung vergeben werden. Dies birgt jedoch auch Gefahren. Da man die Zusage zur Unterstützung zurückziehen kann, kann dies schon mal einen deutlichen Rückschritt bedeuten. Leif Schoeller: „Bei uns ist jemand aus Arabien mit einem 9.000 Dollar Pledge wieder abgesprungen.“ Mit Crowdfunding lassen sich aber auch Dinge wie Marktanalysen einsparen. So sieht es zumindest Aquakin und nutzte die Crowd um zu testen ob das Produkt überhaupt ankommt.

Durchhalte-Vermögen

Das Crowdfunding als Nachweis eines Marktes bzw. eines Bedarfs herangeführt werden kann, bestätigte sich auch in der weiteren Podiumsdiskussion. Jedes Projekt ist quasi wie ein eigenes Startup zu verstehen. Man beginnt immer wieder von vorn und man muss lernen und so viel wie möglich über das eigene Projekt reden. Führt man sich vor Augen, wie hoch bei einigen Projekten die Sichtbarkeit im Sinne medialer Aufmerksamkeit ist, ist dies in klassischem Marketingbudget aufgewogen richtig viel wert. Es immer wieder zu versuchen und nicht aufzugeben ist wohl einer der wichtigsten Tipps. So scheiterte die erfolgreichste Crowdfunding-Kampagne ‚The Coolest Cooler‘ im ersten Schritt. Eine Multifunktionskühlbox im Winter zu verkaufen ist eben nicht die beste Idee, aber mit Durchhaltevermögen stehen am Ende dann doch weit über 13 Millionen Dollar auf der Crowdfunding-Einnahmenseite.

In Deutschland herrscht oft eine andere Mentalität. Legt man in den USA einfach los, stellt man hierzulande Fragen wie „Gibt es da rechtliche Probleme? Darf ich das in dem Markt überhaupt verkaufen?“ Der Tipp auf der Bühne im Cinecitta lautete: Einfach machen. Unternehmertum stößt früher oder später immer auf Probleme. Besser machen und wissen, dass es überhaupt Bedarf gibt, statt Problemlösungen finden und am Ende feststellen, dass es gar keinen Markt gibt. Crowdfunding gibt die Freiheit einfach etwas umsetzen zu können. Das kann auch ein kleines Projekt wie eine Buch oder eine Ausstellung sein. Wichtig ist die Crowd aufzubauen und im Idealfall diese auch an sich zu binden. Dann sind auch weitere Projekte möglich, wenn die Funder merken, dass das Versprochene gehalten wird.

Der Tipp auf der Bühne im Cinecitta lautete: Einfach machen!

Fans als Crowd

Daniel Lieske ist Comic-Autor und -zeichner. Dank Crowdfunding gehört er mittlerweile zu den Erfolgreichsten seiner Branche in Europa. Fans in aller Welt haben ihm bei der Realisierung seiner Wormwold Saga bereits in vier erfolgreichen Kampagnen geholfen. Schon in der Schulzeit veröffentlichte Daniel seine ersten Comics und später auf seiner Website eine erste Geschichte. Hunderttausende waren davon begeistert. Kurz zuvor kam das erste iPad heraus und so entdeckte Daniel das Potential dahinter: Das iPad als perfektes Lesegerät um einen Comic zu erleben. Die 8.000 veranschlagten Dollar für die App sind nicht mal schnell zu stemmen und so wagte sich Daniel Lieske ans Crowdfunding. Das Ziel von 12.000 Dollar wurde fast doppelt erreicht und ein Vertrag mit einem Buchverlag unterschrieben. Das Erfolgsstück ging weiter: Verzehnfachung der Facebook-Fans. Zweite Crowdfunding-Kampagne mit 20.000 und dritte Kampagne mit 44.000 Euro.

Comic-Autor Daniel Lieske mit Mikrofon

Daniel Lieske berichtete von seinen bisher vier Crowdfunding-Kampagnen Foto: © Thilo Schumann / Nürnberg und so

Dabei ist der Blick auf das Fundingziel immer wieder ein Bangen. Um der Unterstützung neuen Schwung zu verleihen greift Daniel auch schon mal zu neuen Anreizen für seine Fans. So brachte die Aufnahme einer leinengebundenen goldgeprägten Ausgabe einer schwächelnden Phase Auftrieb. Der Comic-Autor macht es vor, wie man die Fangemeinde bei Laune hält. Die letzte Stunde vor Fundingschluss verfolgte er per Livestream mit der Crowd und bot im Anschluss noch noch eine virtuelle Studio-Führung. Seine klassischen Wege (FB-Kommentare, Newsletter, Blog-Kommentare) funktionieren bei ihm gar nicht mehr richtig. „Meine Crowd ist auf Kickstarter“ meinte er. Hat man eine Crowdfunding-Kampagne, bei der man etwas verschicken muss, ist laut seiner Aussage das deutsche Postsystem ideal "weil du alles unter einem Kilo unter sieben Euro versenden kannst. Ein Postbeamter frage mich einmal: Sie haben im letzten Monat 15.000 Euro Porto bei uns gekauft, was machen Sie eigentlich?“. Inzwischen lässt sich Daniel Lieske bereits die Kapitel seiner Comics von der Crowd übersetzen. So liegen Dank gemeinschaftlicher Arbeit in Google Docs bereits über 30 Sprachen vor. „Ich mache mir den Spaß und habe die israelische Spalte neben die arabische gesetzt und es zeigt sich: Die kommen gut miteinander klar“ schließt er seinen äußerst unterhaltsamen Vortrag ab.

Angleichung der Kräfteverhältnisse

vier Podiumsteilnehmer auf Bühne im Cinecitta Nürnberg

Anke Johannsen diskutiert zum Thema Crowdfunding und Musik. Foto: © Thilo Schumann / Nürnberg und so

Die letzte Diskussionsrunde an diesem langen Crowdfunding-Tag widmete sich der Thematik von Kunst und Musik in Verbindung mit Crowdfunding. Künstler können immer mehr selbst bestimmen, müssen dadurch aber auch mehr Verantwortung übernehmen, etwas was früher die Major Labels erledigten. Dies bestätigte auch Alexander Neipp, der Produktmanager beim Musikunternehmen Universal Music Group ist. "Im Gegensatz zu früher werden Künstler durch Plattenfirmen nicht mehr gemacht, sondern sie werden entdeckt. Die Künstler sind heute oft bereits schon fertig.“ Die Sängerin Anke Johannsen ergänzte "Durch Crowdfunding ist eine persönliche Entwicklung möglich, die von unschätzbaren Wert ist.“ Das ganze wird nach Meinung von Daniel Lieske jedoch nicht das Ende der großen Spieler am Markt bedeuten. Ab einer gewissen Verkaufszahl per Crowdfunding wäre er überfordert und würde es selbst gar nicht mehr stemmen können, sich quasi nur noch selbst verwalten. Dann bräuchte man doch wieder einen Verlag, nur das sich die Kräfteverhältnisse etwas verschoben haben.

C-Kapital

Am Abend war es endlich soweit: Die erste Vorführung des Films Capital C (offizieller Kinostart im September 2015). Diesem Ereignis habe ich seit unserem Gespräch mit Jan Hagemann in Sendung No. 23 entgegen gefiebert. Der erste Film über Crowdfunding, der selbst per Crowdfunding finanziert wurde. Der Film ist meiner Meinung nach großartig umgesetzt. Sowohl die Erzählweise als auch Kameraführung und Schnitt überzeugen auf ganzer Linie. Capital C ist ein Dokumentarfilm, der verschiedene Vertreter der Szene zu Wort kommen lässt. Drei Crowdfunding-Kampagnen wurden dabei besonders herausgegriffen und werden vom Filmteam Jørg Kundinger und Timon Birkhofer portraitiert. Besonders in Erinnerung bleibt mir dabei die Geschichte von Jackson Robinson. Dem Illustrator gelingt es seinen Traum von faszinierend gezeichneten Spielkarten Dank Crowdfunding in die Tag umzusetzen, kann am Ende seinen Job kündigen und eine eigene Spielkartenfirma gründen. Der Film Capital C startet mit Nahaufnahmen vom zeichnenden Jackson und begleitet ihn und seine Familie durch die schwierige ressourcenfordernde und nervenaufreibende Zeit. Die Filmemacher meistern es bravourös selbst die emotionalen Momente festzuhalten ohne das das Ganze inszeniert wirkt. Viel Erfolg mit diesem wunderbaren Film.

Skype Kinosaal mit Zach Crain

Im Anschluss an die Premiere des Films Capital C gab es live ein Gespräch mit Zach Crain von Freaker USA per Skype. Foto: © Thilo Schumann / Nürnberg und so

Fortsetzung bitte

Die Crowdfunding-Konferenz gewährte spannende Einblicke in eine Finanzierungsform, die sich rasant entwickelt und innovative Produkt- und Dienstleistungsinnovationen sowie tolle Event-Formate erst ermöglicht. Crowdfunding ist eine Evolution, die trotz großem Erfolgs und viel beachteter Projekte erst in den Kinderschuhen steckt. Eine Evolution, die sich klassischen Finanzierungswegen wie dem Gang zum Bankberater in den Weg stellt und am Ende vielleicht sogar das komplette Bankenwesen in Frage stellen könnte.

Der Crowdfunding-Konferenz DISCOVER:ME gelang es an diesem Tag inspirierende Impulse zu setzen, Erfahrungen aus erster Hand zu bekommen, Illusionen zu einer realistischen Sichtweise zu führen und den Austausch unter Crowdfunding-Neulingen und alten Hasen anzustoßen. Ich frage nicht, ob es einer Fortsetzung der DISCOVER:ME geben wird, sondern wann?

Impressionen von der DISCOVER:ME Crowdfunding-Konferenz

Danke für einen Teil der Bilder an Thilo Schumann

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