Winterblue(s). Assisi - Klosterstadt mit Rothenburg-Feeling.
Aktualisiert am 04. Februar 2019 von Peter Budig und Ina Niederlich mit Bildergalerie
It's not so easy. Ist die Campingliebe wie alle Lieben? Flatterhaft, unzuverlässig und wenn man es recht betrachtet: mehr Prüfungen als Höhepunkte? Wir hatten vor, gemütlich von Perugia weiter nach Ancona (ca. 130 km) zu cruisen, doch noch jetzt, einen Tag darauf, sind wir in Assisi und ich schreibe am Fuße des Klosterberges mit der mächtigen weißen, leuchtenden Anlage zu Ehren des Heiligen Franziskus.
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Die rote Lampe
Jetzt, ja, jetzt schreibt es sich wieder leicht. Aber die flackernde rote Öllampe unseres Globebus hat uns schwer zu schaffen gemacht. Sie bedeutet nichts Gutes, wenn auch nicht zwangsläufig Ölmangel. Das Begleitbuch zum Bus empfiehlt dringenden Besuch einer Fiat-Fachwerkstatt. Die, nach langem Fragen und suchen entdeckt, gut versteckt in einem Industriegebiet, erwies sich als hilfsbereit und freundlich. Etliche Messungen mit einem Diagnosetool ergaben: "Es ist nur die Kühl-Anzeige, die defekt ist, das Öl, die Menge, die Kühlung, alles in Ordnung. Sie können einfach weiterfahren". Also: Innenleben und Charakter des Globebus sind einwandfrei, aber die Signale, die er aussendet: zweifelhaft!
nach der andern raus"
Kalte Nacht ohne Gas
Unser Gasvorrat sollte angeblich für 14 Tage reichen. Aber: Nach vier Tagen war Schluss. Beide 10 Kilo-Flaschen leer. Obwohl wir hier schön sparsam waren. Heizen im Winter ist teuer und aufwändig. Und es kommt hinzu: Niemand in Italien befüllt deutsche Gasflaschen. Kein Anschluss unter dieser Gewindegröße. Nicht in Florenz, nicht in Perugia, nicht in Assisi. Hätte uns nicht der junge Mann in Bastia Umbra, einer emsigen Kleinstadt bei Assisi geholfen, mit handwerklichem Geschick und italienischen Gasflaschen, es hätten kalte Tage werden können. Der Kühlschrank, der Herd, die Heizung: alles Gas.
Die vollständige Melkung der Gläubigen
Noch am Abend haben wir, ein wenig in besorgter Stimmung, das nächtliche Klosterstädtchen besucht. Ein steiler Pfad führt auf den Monte Subasio. Ganz Assisi wirkt wie die klerikale Version von Rothenburg ob der Tauber: Eine Klosteranlage inmitten einer historischen Stadtkulisse, die ausschließlich aus Andenkenläden besteht. Hier wird kein Zweifel am Zweck gelassen: Es geht um die möglichst vollständige Melkung der Gläubigen. Nicht einmal Fegefeuer-Erlass wird versprochen. Man soll einfach heilige Fränze kaufen, aus Ton oder Plastik, in allen Größen. Kreuze, Messgewänder, Weihrauchschwenker - was das gläubige Herz begehrt... Luther hätte seine Freude an solchem Sündenpfuhl gehabt und die rechten Worte gefunden, das ist gewiss!
Und die Gebeine des Heiligen Franziskus, dessen Lebenswerk sich dem Wirken für die Ärmsten verschrieben hat, rotieren empört vor so viel Humbug! Schon Goethe muss die ganze Klerikershow wenig überzeugend empfunden haben, er schrieb: "Die ungeheuren Substruktionen (dt.: Unterbauten von Gebäuden) der babylonisch übereinander getürmten Kirchen, wo der heilige Franziskus ruht, ließ ich links, mit Abneigung".
Auch Ina, die kluge Skeptikerin, lässt sich von jeglichem Popanz nie beirren: Nach dem Besuch der Messe, mit viel Weihrauch und Gesang, bemerkt sie trocken: "Wahnsinn. Es geht gleich wieder mit der nächsten weiter. Die hauen hier eine Messe nach der andern raus".
Das Armutsgebot der Franziskaner
Man muss sich doch noch einmal schnell ins Gedächtnis zurückrufen, wer der Mann war, der dem Orden den Namen gab und nach dem sich der aktuelle Papst benannt hat, der ja wenig Zweifel daran lässt, dass ihm Prasserei und Hochmut zuwider sind. Franciscus Assisiensis kam als Giovanni Battista Bernardone zur Welt (* 1181/1182 in Assisi, Italien; † 3. Oktober 1226 in der Portiuncula-Kapelle unterhalb der Stadt). Ursprünglich hieß er Giovanni und trieb es in seiner Jugend recht bunt: Mit dem Geld seiner Eltern führte er ein wildes Protzerleben. Partys, Alkohol, Mädels, das war seine Welt. Dann wurde er - man würde heute sagen, vom Militär eingezogen, um als Soldat zu dienen. In Perugia geriet er in Gefangenschaft. Nach einem Jahr konnte ihn sein Vater auslösen, doch der Sohn war schwer krank und auch innen nicht mehr derselbe. Solche Wandlungen liebt die Kirchengeschichte, man denke an Saulus/Paulus, an Luthers Gewitter-Erlebnis und mehr. Franziskus wurde nun fromm, wallfahrte als Bettler nach Rom und begann Kirchen wieder aufzubauen. Bald fand er erste Gefolgsleute, Anwälte und gebildete Menschen folgten ihm, getreu dem Matthäuswort: „Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkauf deinen Besitz und gib das Geld den Armen; so wirst du einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach.“ (Mt 19,21).
Wie so viele große Kirchenväter war Franziskus ein äußerst geschickter und wenn nötig pragmatischer Verwerter seiner Ideen. Schon zwei Jahre nach seiner Ordensgründung wurde er von Papst und Kirche anerkannt. Und zwei Jahre nach seinem Tod wurde er heiliggesprochen. Als er, erblindet und von jahrelangem Fasten geschwächt, den Tod nahen fühlte, ließ er sich von Ordensbrüdern nach Hause, an den Fuß des Monte Subasio bringen. Um dort zu sterben, wo die Bewegung ihren Ausgang nahm? Ein ausgeprägter Sinn für Symbolik schadet nie, wenn man als Guru im Gedächtnis erhalten bleiben will.
Seelsorge, (handwerkliche) Arbeit, Betteln, gute Werke tun, das sind die Aufgaben der Ordensbrüder, dem wollen sie ihr Leben widmen. Irgendwie befinden sich die Nachfolger des Heiligen Franziskus auf steilen Abwegen. Kurz vor Weihnachten machte die folgende Meldung Schlagzeilen: Franziskanerorden droht die Pleite. Der Orden "hat schwere, ich unterstreiche schwere, finanzielle Probleme mit einem beträchtlichen Betrag an Schulden", schrieb Generalminister Michael Anthony Perry in einem Brief an seine katholischen Ordensbrüder weltweit. Hausinterne Ermittlungen hätten ergeben, dass möglicherweise "zweifelhafte Finanzoperationen" durchgeführt worden seien, die die "finanzielle Stabilität" in Gefahr gebracht hätten. Ermittlungsbehörden seien eingeschaltet.
Immerhin, man kämpft ums Überleben, doch mit welchen Mitteln: Rund um Assisi stehen Olivenhaine. Das Assisi-Öl kann man gleich dort bestellen, fünf Liter, 45 Euro. Altes Handwerk, fairer Preis. Die Bauern von Assisi zeigen den Mönchen vom Berg wo es lang geht.
Verhängnisvoller Irrtum: Tagliatelle und Tagliata alla Rucola
Ina, seit Kindesbeinen Anhängerin der fleischlosen Küche, musste nach dem Klosterbesuch noch eine kulinarische Niederlage einstecken. Im Restaurant bestellte sie "Tagliata alla Rucola", weil das so schön nach "Tagliatelle" klingt und sie Heißhunger auf Nudeln hatte. Heute, nach einigem Studium, wissen wir, dass Tagliata das Lendenstück vom Rind (fein medium gebraten und auf frischem Rucola-Salat serviert) ist. Tagliatelle, Bandnudeln, kommt von "tagliare", schneiden. Ach was hab ich gestern viel Fleisch bekommen, fast zu viel. Ina begnügt sich mit dem kleinen Beilagensalat, schlüpft dann ein wenig hungrig unter die warme Bettdecke (kein Gas, keine Heizung! Nächtliche Temperatur im Wohnmobil: 7 Grad).
Camping? Nur noch parken.
Wildes campen ist teuer in bella Italia. Also gibt es, statt Campingplätzen (der von Assisi hat vier Sterne, ist aber im Winter geschlossen) genehmigte Parkplätze. Der von Assisi, am Fuße des heiligen Klosterberges, ist sehr gut besucht, kommt mit mönchischer Ausstattung aus: Kein Strom, keine Dusche, eisige Toiletten, keine Seife, kein Papier. Aber: schöne Aussicht und gelegen inmitten von heiligen Ölbäumen. Schlafen, wie es Jesus der Herr gewohnt war.
Weg von diesem unheiligen Ort. Weiter geht's in warmer Frühlingssonne. Nächste Etappe: Ancona. Adria. Meer! Jetzt aber wirklich.