Im Labyrinth des Schweigens – Nürnberg Premiere des wichtigsten deutschen Films 2014
Aktualisiert am 04. Februar 2019 von Sham Jaff
Fast 19 Jahre hatte es nach Kriegsende gedauert bis Deutschland begann sich kritisch mit seiner nationalsozialistischen Vergangenheit auseinander zu setzen. Zusammen mit CINECITTA’ und Memorium Nürnberger Prozesse zeigt Mobiles Kino e.V. im historischen Schwurgerichtssaal des Nürnberger Justizpalastes den Film ‚Im Labyrinth des Schweigens’ noch vor der Deutschland Premiere. Hier versucht der Film Antworten auf die Frage ‘Wieso so spät?’ zu geben.
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Im Konzentrationslager Auschwitz I und dem benachbarten Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau starben während des Zweiten Weltkriegs 1,1 bis 1,5 Millionen Menschen. Genaue Zahlen sind wegen des Fehlens etlicher Papiere nicht bekannt. Doch eines ist sicher: die Todesfabrik Auschwitz hat es gegeben.
Der Film ‘Im Labyrinth des Schweigens’ erzählt von einer Zeit, in der ‘Auschwitz’ kein Thema war – es wurde tot geschwiegen und verdrängt. Er erzählt von einem Deutschland der 1960er Jahre - unbekümmert, wirtschaftlich aufstrebend und sich keiner Schuld bewusst. Nur einer stört die idyllische Ruhe: Thomas Gnielka (André Szymanski), Journalist der ‘Frankfurter Rundschau’. Er sorgt im Justizgebäude für Aufsehen, da er dort einen Lehrer als ehemaligen Auschwitz-Aufseher wieder zu erkennen glaubt. Für den jungen Staatsanwalt und Idealisten Johann Radmann (Alexander Fehling) ist dies ein gefundenes Fressen. Er nimmt sofort Nachforschungen auf. Rückendeckung erhält er dabei vom Generalstaatsanwalt Fritz Bauer (Gert Voss), der ihm die Leitung der Ermittlungen überträgt. Lange muss er nicht suchen, bis er erkennt, auf welch unfassbares Verbrechen er gestoßen ist.
Über den Holocaust ist viel geschrieben worden, aber die wichtigste Frage ist bis heute nicht beantwortet: Wie war es möglich, dass all die „ganz normalen Männer“, gutmütigen Familienväter und harmlose Durchschnittsbürger imstande waren, skrupellos massenhaft Menschen zu töten? Versuche, eine Personengruppe zu definieren, die sich dieses Massenmordes verweigert hätte, sind nicht möglich. Die Rechtfertigung der NS Täter ist immer die gleiche: Sie hätten nur ihre Pflicht getan. Doch wer ist schuldig und wer war mutig genug, nein zu sagen?
Eine große Verantwortung trägt die Politik
“Die wirklich Schuldigen an den Verbrechen, die in der nationalsozialistischen Zeit und im Krieg begangen worden sind, sollen mit aller Strenge bestraft werden“, versprach einst Bundeskanzler Konrad Adenauer der westdeutschen Öffentlichkeit in seiner ersten Regierungserklärung im Jahre 1949. Zehn Jahre später war dieser Enthusiasmus verflogen. “Noch immer sind viele NS-Mörder unter uns” – so oder ähnlich lautete zu Recht das Fazit kritischer Zeitgenossen. Doch dafür ist nicht nur die Justiz sondern auch die Politik verantwortlich. In den 1950er Jahren sorgten Amnestiegesetze, Strafverfolgungsverjährung, Überleitungsverträge mit den Alliierten und etliche Gesetzesänderungen dafür, dass viele Ermittlungen eingestellt wurden. Als der Bundestag 1960 zudem einstimmig die Verjährung für Totschlag beschloss, war es noch schwieriger, NS-Verbrechen aufzuklären. Nach Ansicht der Politik waren die meisten Verbrechen bis dato schon geahndet worden und was jetzt noch übrig sei, sei Mord und der könne ja auch weiterhin verfolgt werden. Diese Aussage entsprach dem Zeitgeist, denn die Schlussstrich-Mentalität, die seinerzeit weit verbreitet war, wurde erst im Laufe der kommenden Jahrzehnte erschüttert. Irgendwann konnte man diese Greueltaten einfach nicht mehr verdrängen. Den Anfang machten die Frankfurter Prozessen 1963 bis 1965, die als juristischer Meilenstein in der Aufarbeitung des Holocaust angesehen werden.
Aber worum ging es in den Nürnberger Prozessen?
19 Jahre vorher fand in Nürnberg der Hauptkriegsverbrecherprozess vor dem Internationalen Militärgerichtshof statt. Durch diesen Prozess erlangte der Schwurgerichtssaal des Nürnberger Justizpalastes weltweite Berühmtheit. Wieso? Hier musste sich die ehemalige Führungselite des NS-Regimes für ihr Handeln verantworten.
Doch viele wissen nicht, dass es bei dem Prozess in Nürnberg nicht um den Holocaust allein ging. Er war vielmehr der wichtigste Bestandteil des alliierten Bestrafungsprogramms. Eine eingehende Beschäftigung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit der gesamten deutschen Bevölkerung stand hier nicht im Mittelpunkt.
Die Frage des Oberstaatsanwalts Walter Friedberg, Radmanns Gegenspieler, deutet eine Mehrdimensionalität an, mit der Giulio Ricciarelli in seinem Regiedebüt bewusst spielt. Friedberg selbst war kein Mitglied der NSDAP und er möchte lieber vorausschauen anstatt zurückzublicken und dadurch wieder alte Wunden aufreißen. Wirtschaftswunder statt Vergangenheitsbewältigung. Man sei von der internationalen Gemeinschaft ja schon gestraft genug.
Mit einer gesunden Mischung aus Fiktion und authentischen Ereignissen hat Ricciarelli keine langweilige Geschichtsstunde, sondern einen packenden Film abgeliefert. Er bringt wichtige Persönlichkeiten wie etwa den Juristen und Generalstaatsanwalt Fritz Bauer zurück ins Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit.
Die Urteile des Frankfurter Auschwitzprozesses 1965 waren tatsächlich eher enttäuschend. Die meisten Schuldigen kamen nach wenigen Jahren wieder frei. Doch nicht die Höhe ihrer Strafe war entscheidend. Das primäre Ziel war es, die Öffentlichkeit zu erreichen und dafür zu sorgen, dass Auschwitz zum Inbegriff für Unmenschlichkeit und Massenmord wurde.
Die Frankfurter Prozesse haben auch in unserer Zeit nichts an Bedeutung verloren. Im Gegenteil - angesichts der Völkermorde in Syrien, Irak, Ukraine & Co. sind sie aktueller denn je. Und welches Volk kann schon behaupten, sich selbst vor Gericht gestellt zu haben?