Das Improvisationstheater Volle Möhre rockt die Rote Bühne

Aktualisiert am 04. Februar 2019 von mit Bildergalerie
Improvisationstheater Volle Möhre

Impro-Kabarett nennt Volle Möhre ihre Mischung aus Improvisationstheater und Kabarett Foto: © Daniel Bendl / Nürnberg und so

Ein paar Worte vorweg zum Veranstaltungsort dieses äußerst unterhaltsamen Abends: Die Rote Bühne Nürnberg war mir bisher nur vom Hörensagen bekannt. Dieses wunderbare kleine Theater benötigt Unterstützung, da dessen Finanzierung auf mehr als wackeligen Beinen steht. Das Programm musste bereits teilweise gestrichen werden und soziale Einschnitte in Form von Mitarbeiterentlassungen ließen sich ebenso nicht vermeiden. Der Kulturverein Rote Bühne gibt jedoch nicht auf und hat sich einiges einfallen lassen um weiterhin zahlreiche Besucher in die Vordere Cramergasse zu locken. Mein Tipp: Hingehen und trotz aller Finanzprobleme aus dem attraktiven Programm der Roten Bühne den nächsten Kulturabend planen.

Am letzten Samstagabend heizte Volle Möhre in der Roten Bühne richtig ein. Volle Möhre ist eines der bekanntesten fränkischen Improvisationstheater-Truppen und kombiniert klassisches Impro-Theater mit Kabarett. Dieses Impro-Kabarett ist nach Aussage von Philipp Hofmann einzigartig. Dies erzählte mir der künstlerische Leiter und Gründungsmitglied von Volle Möhre im Anschluss.

Das Publikum hat Schuld

Lisa van der Linden moderiert

Lisa van der Linden zählt zusammen mit dem Publikum die nächste Szene an Foto: © Daniel Bendl / Nürnberg und so

Diese These wage ich einfach mal zu äußern. Auch wenn der Besuch bei Volle Möhre erst meine zweite Live-Erfahrung mit Improvisationstheater war, so kann ich doch schon jetzt behaupten: Wenn das Publikum nicht mitmacht, dann kann ein Impro-Abend durchaus etwas leiden. Erfreulicherweise war dies in der Roten Bühne bei Volle Möhre nicht der Fall. Die Besucher wurden von Beginn an zum mitmachen animiert und ließen sich auf alles ein, was in den kommenden zwei Stunden auf sie zukommen würde. Durch den Abend moderierte das Volle Möhre-Mitglied Lisa van der Linden. Gleich am Anfang forderte sie das Publikum zu einer kleinen Lockerungsübung auf. Alle standen kurz auf, drehten sich nach links und rechts um dem direkten Nachbarn eine kleine Schultermassage zu schenken sowie natürlich selbst eine Muskelentspannung in Empfang zu nehmen. Dies erzielte die beabsichtigte Wirkung und sorgte für die nötige Entkrampfung von Aufmerksamkeit und Lachmuskeln.

Themen-Mix als roter Faden

Philipp Hofmann auf Bühne

Der böse Wolf Wattenfall: Philipp Hofmann vom Impro-Theater Volle Möhre in Aktion Foto: © Daniel Bendl / Nürnberg und so

Auf der Bühne stand ein großes Flipboard bereit und wartete darauf beschrieben zu werden. Die Moderatorin Lisa nahm aus dem Publikum die unterschiedlichsten Themen entgegen. Durch Zuruf kam sehr schnell eine beachtliche Anzahl an Aufgaben für das Volle Möhre-Team zusammen. Dies waren beispielsweise aktuelle sozial- und gesellschaftspolitische Themen wie der Hoeneß-Prozess und die Kommunalwahl aber auch der vermisste Malaysia-Airlines-Flug fand Platz auf der Tafel. Lisa van der Lindens Aufgabe an diesem Improtheater-Abend war neben der Moderation zugleich die Regie. Ich denke, dass es gar nicht immer so leicht ist aus den Worthülsen und Themenfetzen kreative Ansätze für das spontane Spiel der Darsteller zu entwickeln. Lisa bewältigte es jedoch meisterhaft und so konnte das Spiel beginnen.

Singender Maly, Rotkäppchen mit Energie-Mix und Molotow-Gisela

Impro-Theater lebt von der eignene Spontanität aber auch vom sich schnell auf den Gegenspieler einlassen können. Mit Bravour absolvierte das Volle Möhre-Ensemble diese Impotheater-Voraussetzung. Jahrelanges Training und gegenseitiges Vertrauen sind die Basis, um es bei den Gästen nach absoluter Leichtigkeit aussehen zu lassen. Auch wenn diese Leichtigkeit die Akteure schnell ins Schwitzen bringt. Improtheater ist eben auch Action. Da wird auf der Bühne allein oder gemeinsam agiert und so wirbelten die Vollen Möhren über die Bretter der Roten Bühne. Jede Szene beginnt mit einem lauten vom Publikum eingezählten "5,4,3,2,1, LOS". Spätestens jetzt ist die Zeit des Überlegens vorbei und es muss im wahrsten Sinne improvisiert werden.

Volle Möhre Talkshow

Diskussion zu Uli Hoeneß: Ein Talkshow-Format soll Klarheit schaffen Foto: © Daniel Bendl / Nürnberg und so

Aus der Publikumsvorgabe "Kommunalwahl" wurde kurzerhand die Aufgabe formuliert: Spielt die Kommunalwahl aus der Sicht einer betuchten Von-und-zu-, einer bürgerlichen und einer Hempels-Sofa-Familie. Da stand plötzlich im Wohnzimmer der Hempels Bob Maly und bedankte sich singend für das geschenkte Vertrauen zur Wahl des Oberbürgermeisters von Nürnberg. Die gegenüber dem erstwählenden Sohn bürgerlichen Eltern mit erhobenem Zeigefinger ("Man kann doch nicht die Piraten wählen") stellten sich als Alt-Hippies mit Molotow werfender Mutter und Revoluzzer-Vater heraus. Die blaublütige Familie kaufte sich bei Bedarf Meinungen, ganze Parteien und am Ende den überzeugten linken Freund der aufmüpfigen Tochter. Dieser bekam neben Bargeld aus dem Tresor des Vaters und dem Schlüssel zum roten Ferrari auch noch einen Sprengstoffgürtel verpasst. Ja, Impro-Theater kann absurd sein. Sollte es auch. Denn erst dann macht es richtig Spaß.

Noch mehr Improvisationstheater?
Podcast mit Stephan Stark von Holterdiepolter

Im Gespräch mit Phillip Hofmann fragte ich nach den Elementen, die aus einem Improvisationstheater ein Impro-Kabarett entstehen lassen. Unter anderem sei dies im Speziellen die Talkshow-Runde oder die Einbeziehung politischer Themen im Allgemeinen. Eine solche Talkshow erlebten die Rote Bühne Gäste in Form einer Diskussionsrunde (wohlgemerkt bei RTL2) bei der vier Eingeladene sowie der Gastgeber über die Verurteilung von Uli Hoeneß stritten. Auch dies war unterhaltsam, neigte aber gegen Ende zu Langatmigkeit. Volle Möhre wäre jedoch keine erfahrene Impro-Truppe, wenn dies nicht von der Moderatorin bemerkt würde und mit einem Zwischenruf "In 30 Sekunden alle Schluss-Plädoyers abschließen" routiniert abzuschließen. Danach wurde – wie nach jeder Szene – der unsichtbare Vorhang geschlossen, das Licht gedimmt und die Darsteller konnten die wohl verdiente Ernte in Form von Applaus einfahren.

Volle Möhre singt Abschlusslied

Am Ende ein Lied: _Volle Möhre_ singt eine Ode an die Musikkassette Foto: © Daniel Bendl / Nürnberg und so

Besonders unterhaltsam war für mich die Rotkäppchen-Szene. Mit der Aufgabe "Spielt das Märchen mit dem Thema Energiewende" liefen die Vollen Möhren zur Höchstform auf. Das Mädchen wurde von ihrer Mutter beauftragt einen Energie-Mix aus Wind- und Sonnenenergie zur frierenden Großmutter zu schaffen. Im Wald begegnet Rotlkäppchen dem Wolf Wattenfall, dessen Bauch am Ende nach der Befreiung von Großmutter und ihrer Enkel-Tochter mit Uran-Brennstäben befüllt und wieder zugenäht wurde. Nicht nur dieser Teil sondern die komplette Show gefiel auch meiner zehnjährigen Tochter sehr gut. Ab dieser Altersgruppe kann man einen solchen Impro-Abend ruhigen Gewissens empfehlen.

Lebendiges Theater

Gäste Bedienung Rote Bühne Nürnberg

Passend zu den Stars des Abends gab es u.a. einen Karottenkuchen. Foto: © Daniel Bendl / Nürnberg und so

Wenn ich von lebendigem Theater spreche, sind andere Theaterformen natürlich nicht automatisch lahm. Ich möchte damit lediglich auf die besondere Rolle dieser Typs hinweisen. Es ist unvergleichlich, abwechslungsreich und meines Erachtens der perfekte Einstieg für all jene Menschen, die bisher wenig Berührungspunkte mit Theater hatten. Die Mischung aus Theater, Comedy und – im Fall von Volle Möhre – Kabarett ergibt einen kurzweiligen Abend. Beim Impro-Theater gibt es weder Bühnenbild noch Kostümierung. Volle Möhre reicht es völlig die orangenen Krawatten oder Tücher bei Bedarf einzusetzen. Abgerundet wird die schauspielerische Leistung mit musikalischer Begleitung am Keyboard und lässt den Besucher glücklich und unterhalten nach Hause entschwinden bzw. noch für ein paar Häppchen oder Drinks an der Rote Bühne Bar verweilen.

Sehens- und besuchenswertes Improvisationstheater von Volle Möhre

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