Wie LIDL in Nürnberg die Ladenöffnungszeiten umgeht
Aktualisiert am 04. Februar 2019 von Markus Wolf
Vielleicht hat es der ein oder andere schon bemerkt, dass aktuell im Untergeschoss des Nürnberger Hauptbahnhofs eine LIDL-Filiale entsteht. Für Reisende wird es abends und am Sonntag eine der wenigen Möglichkeiten sein, außerhalb der Öffnungszeiten einzukaufen.
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Aktuell sitze ich im Zug nach Frankfurt und werde heute recht spät am Zielort eintreffen. Definitiv nach 20 Uhr. Den leeren Kühlschrank dann noch zu bestücken kommt um diese Uhrzeit definitiv nicht mehr in Frage. Da morgen auch noch Sonntag ist, würde ich in Bayern jetzt vor einem Problem stehen. Zum Glück sind die Geschäfte in Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen teilweise sogar bis Mitternacht geöffnet.
In Bayern dagegen herrscht beim Thema Öffnungszeiten noch Steinzeit. Während, bis auf das Saarland, alle Bundesländer einer Liberalisierung der Ladenschlussgesetze zugestimmt haben, ist das in Bayern extrem chaotisch geregelt. 2007 gab es erste Bestrebungen die 6x24 Regelung einzuführen, aber die Landtagswahl 2008 verhinderte eine Verabschiedung und seitdem liegt dieses Thema auf Eis. Durch die Einführung einer Reihe von Ausnahmeregelungen wurde das Ganze nur noch schlimmer: So dürften z.B. alle Kurorte – bayernweit mehr als 500 – andere Ladenöffnungszeiten haben und sind sogar sonntags geöffnet. Dort ist es erlaubt, jährlich an bis zu 40 Sonn- und Feiertagen zu verkaufen. Voraussetzung: Es werden „mehrheitlich“ Waren für Touristen geführt.
Allgemein geht es aber weniger um den Sonntag, an dem die meisten Bundesbürger die Geschäfte lieber geschlossen sehen würden, es sind die Öffnungszeiten wochentags, die bei vielen Reisenden und Touristen in Bayern für Unverständnis sorgen. So ist es in Baden-Württemberg seit 2007 selbstverständlich, an einem Mittwoch oder Donnerstag nach 20 Uhr einkaufen zu können. Voraussetzung ist natürlich, dass es in der jeweiligen Region entsprechende Angebote gibt, denn eine Pflicht zur Ladenöffnung gibt es nicht. Die Regelung 6x24 bedeutet, dass Geschäfte, wochentags 24 Stunden unbegrenzt geöffnet haben können.
Noch im 19. Jahrhundert war eine Ladenöffnung an sieben Tage von 5 bis 23 Uhr selbstverständlich. Mit dem Wandel der Einkaufsgewohnheiten, den die Warenhäuser einleiteten, veränderte sich aber die Geschäftsstruktur und damit auch die Organisation des Verkaufspersonals. Bereits 1919 wurde deutschlandweit die Sonntagsruhe eingeführt und die Ladenöffnungszeit wochentags auf 7 bis 19 Uhr beschränkt. Einige Jahre später wurde die Zeit dann weiter bis 18:30 Uhr reduziert. Das „Gesetz über den Ladenschluss“ schuf schließlich die Basis für die jahrzehntelang geltende Regelung von 7 bis 18:30 Uhr und Samstag von 7 bis 14 Uhr. 1957 kam dann der “lange Samstag” hinzu, der Öffnungszeiten bis 18 Uhr ermöglichte.
1996 ging es dann in die andere Richtung. Jetzt durfte wieder von 6 bis 20 Uhr wochentags und samstags bis 16 Uhr geöffnet werden. Es gibt weiterhin zahlreiche Ausnahmeregelungen für bestimmte Branchen, die das Ganze nicht unbedingt einfacher und kundenfreundlicher machen. Selbst das Saarland überlegt aktuell, die Öffnungszeiten weiter zu lockern, nur Bayern verharrt weiterhin in der Kunden-Steinzeit.
Die Regelung der Öffnungszeiten ist sicher gut gemeint und zielt wohl auch darauf ab den Verkäufern ein familienfreundliches Leben zu ermöglichen, denn die aktuellen Lockerungen der Ladenöffnungszeiten haben bei vielen Mitarbeitern die Angst vor Überforderung geschürt. Eine verständliche Reaktion, denn für junge Mütter oder Väter ist es schwer, spontan eine Kinderbetreuung zu bekommen, vor allen Dingen dann, wenn diese pro Stunde mehr kosten, als man selber verdient. Das eigentliche Problem ist also nicht die Lockerung der Ladenöffnungszeiten, sondern die fehlenden Konzepte vieler Unternehmen. So werden Ängste leider oft zur bitteren Realität.
Da für den Nürnberger Hauptbahnhof nun ebenfalls eine der zahlreichen Sonderregelungen in Bayern gilt, kann LIDL die freieren Öffnungszeiten nutzen und über 20 Uhr hinaus verkaufen. Die LIDL-Filiale wird sicherlich „hauptsächlich“ von den Bahn-Reisenden genutzt werden. Bei der Nürnberger Bevölkerung wird sich die Information „wohl nicht so schnell“ verbreiten, dass es eine komfortable Möglichkeit gibt, auch außerhalb der strikten Ladenöffnungszeiten einkaufen zu gehen.
Schade ist nur, dass wir es in Bayern nicht hinbekommen, uns von den einfachen und etablierten Regelungen der anderen Bundesländer um uns herum inspirieren zu lassen. Aktuell führt das Thema bei Besuchern aus ganz Deutschland nur zu Belustigung und Spott.