Meine Erfahrungen mit der App 'myTaxi'
Aktualisiert am 03. September 2014 von Markus Wolf
Wir haben für 'Nürnberg und so' eine größere Produktion von Hoodies bei einer regionalen Druckerei beflocken lassen und ich wollte am Abend diese Lieferung abholen. Da ich weder ein Auto habe noch überhaupt eines fahre, gab es für mich zwei Möglichkeiten: Entweder die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen und die Kartons damit zu transportieren oder mir ein Taxi rufen. Die Fahrt mit dem Taxi erschien mir bedeutend angenehmer, weil ich nicht wusste, wie sperrig die Textilien sein würden.
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"Da gibt es doch bestimmt eine App dafür" dachte ich mir und machte mich im Google Play Store auf die Suche nach einer Taxi-App. Eine kurze Recherche ergab, dass ich die App myTaxi (Android / iOS) einmal probieren sollte. Klang vielversprechend. Bei den über 40 Städten erwartete ich, dass Nürnberg dabei war. Die Registrierung erledigte ich über die myTaxi-App, da die Nutzer-Registrierung auf der Webseite nicht auf Anhieb fand. Handynummer, E-Mail und Passwort eingeben und schon ging es los. Die E-Mail mit der Registrierungsbestätigung kam prompt an und der Taxi-Bestellung stand nichts im Wege.
Für den Weg zur Druckerei nutzte ich die öffentlichen Verkehrsmittel und schon bald danach hatte ich die fertig beflockten Hoodies in der Hand. Alle Textilien passten in einen großen Karton. Kurz nach der Übergabe und der Abnahme des Drucks startete ich myTaxi, prüfte, ob die automatisch erkannte Adresse auch richtig war und drückte auf den Button "Abholadresse bestätigen". Die App scannte die Fahrer in der Umgebung und es fand sich nach kurzer Zeit auch jemand, der meine Fahrt annahm. Ich war zufrieden, dass alles so gut geklappt hatte. Die Ankunft des Fahrers war in 5 Minuten angegeben. Mit der Gewissheit, dass das Taxi fast schon vor der Türe stand, verabschiedete ich mich. Plötzlich kurz vorm verlassen der Druckerei erhielt ich über die App von myTaxi die Nachrich, dass der Fahrer die Fahrt abgelehnt hat. Warum wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Etwas verärgert stellte ich fest, dass es in ganz Nürnberg nur 2 Taxis gab, die für eine Buchung zur Verfügung standen. Sehr wenig für einen deutschlandweiten und angeblich zuverlässigen Dienst. Also nahm ich den großen Karton und transportierte diesen mit der U-Bahn zurück nach Hause.
Irgendwie ließ mich das Thema doch nicht los. Als ich auch noch eine automatisch generierte E-Mail mit der Bitte um Feedback zu meiner missglückten Taxi-Fahrt erhielt, wollte ich reagieren. Ich schickte also eine Antwort mit der Bitte um ein telefonisches Feedbackgespräch. Die Antwort von myTaxi kam schnell und das Gespräch sollte schon am nächsten Tag statt finden.
Bei myTaxi nachgefragt
Als erstes interessierte ich mich natürlich dafür, ob man schon von einer guten Abdeckung sprechen kann, wenn zwei Taxifahrer in einer Stadt wie Nürnberg mit immerhin einer halben Million Einwohnern diese App nutzen. "Nein natürlich nicht, wir sprechen von einer guten Abdeckung, wenn ca. 50% aller Taxis unsere App nutzten" bekam ich zur Antwort. In Nürnberg gibt es aber ein spezieller Problem. In einer Generalversammlung hat der dominierende lokale Anbieter von Taxivermittlungen beschlossen, dass in Zukunft keine GPS Geräte in Taxis mehr parallel genutzt werden dürfen. Auf diese Weise hat der Anbieter "Taxizentrale Nürnberg e.G." alle Taxifahrer unter Druck gesetzt und eine parallele Nutzung anderen Dienste verboten. Diese Einschränkung ist nach Meinung von myTaxi wettbewerbswidrig. Aus diesem Grund ist in Nürnberg die Hemmschwelle zur Nutzung der myTaxi-Tapp für Taxifahrer sehr hoch.
Ein Vorteil von myTaxi ist übrigens nicht nur die regionale sondern sogar überregionale Nutzung der App. So kann man myTaxi sogar europaweit verwenden. Allein in Deutschland wird von über 18.000 Taxis dieser Vermittlungsdienst genutzt. Der Fahrgast hat entscheidende Vorteile gegenüber dem klassischen Taxiruf. Direkter Kontakt mit dem Taxifahrer und neben einer Vorhersage, wann er ca. mit dem Taxi rechnen kann, werden ihm auch Bewertungen von anderen Fahrgästen gezeigt. Das Beste ist aber: Der Kunde kann immer sehen, wo sich das bestellte Taxi gerade befindet. Die einfache Bezahlung per App – über eine hinterlegte Kreditkarte oder ein Paypal-Konto – ist nur konsequent weiter gedacht.
Natürlich hat auch der Taxifahrer Vorteile. Für ihn ist der direkte Kontakt mit dem Kunden ein sehr großer Vorteil, da er dadurch im Vorfeld eventuelle Verspätungen mitteilen kann oder das Fahrtziel erfragen kann. Er bekommt Bewertungen und erhält bei guter Bewertung durch Fahrgäste auch mehr Taxi-Fahrten. Denn die Bewertung der Fahrer ist für viele ein Auswahlkriterium. Der Fahrer muss kein teures Funkgerät mehr anschaffen, warten lassen und dafür dann auch noch unabhängig von den Fahrten einen monatlichen Beitrag an die Taxizentrale bezahlen. Es genügt sein Smartphone, die kostenlose App und für jede erfolgreich vermittelte Fahrt muss er 0,79 € bezahlen. Ein sehr großer Vorteil, der Taxifahrern eine große Flexibilität bietet.
Ich war ganz gespannt darauf myTaxi in einer Stadt zu nutzen, in der die Taxidichte bedeutend größer als in Nürnberg ist. Da ich am nächsten Tag in Köln war und mein Ziel am besten per Taxi zu erreichen ist, nutzte ich die Möglichkeit für meinen persönlichen myTaxi-Test. Zuerst prüfte ich die Telefonnummer und tatsächlich, die war falsch hinterlegt. Die Vorwahl fehlte komplett. Ich war mir aber sehr sicher, dass ich diese im Registrierungsprozess richtig angegeben habe. Noch schnell die Vorwahl eingeben und die Bezahlung über die App aktivieren, da ich auch eine Rechnung für die Reisekostenabrechnung benötigte.
Erfahrungen aus meinem zweiten Test von myTaxi
15 Minuten vor meinem gewünschten Abholtermin startete ich die App, prüfte die Abholadresse und drückte auf "Abholadresse bestätigen". Sofort legte die App los und fragte bei zahlreichen Fahrern im Umkreis an. 20, 30, 40 Fahrer, dann kam die Bestätigung, dass ein Fahrer die Tour angenommen hatte. Einige Minuten später klingelte das Telefon und der Fahrer informierte mich, dass er sich etwas verspäten würde, da auf der Luxemburger Strasse stadtauswärts viel los sei. "Für mich ist nur wichtig, dass ich meinen Zug in Köln Deutz erreiche" entgegnete ich. Das stellte für den Fahrer kein Problem dar. Ich begab mich langsam an den Abholort und beobachtete ganz fasziniert, wo sich der Fahrer befand. Einige Sekunden vorm eintreffen des Taxis erschien auf der App der Hinweis, dem Taxi meinen Ort durch schütteln des Smartphones zu signalisieren. Da ich schon vorher mit dem Taxifahrer telefonisch den Zielort abklärte, stieg ich schnell ein und schon ging es los mit der Fahrt. Jede Minute war kostbar. Während der Fahrt unterhielt ich mich mit dem Fahrer und wollte die Informationen, die ich von myTaxi erhalten habe zurück spiegeln.
Zuerst sei er skeptisch gegenüber myTaxi gewesen, erzählte Kazem Naderi, da diese Funktionalität ja auf der anderen Seite Arbeitsplätze bei dem lokalen Vermittler gefährden würde. Als dann aber immer mehr Kollegen diesen Dienst ausprobierten, tat er das auch und ist seitdem dabei. Er ist froh diesen Schritt getan zu haben. Er hat aber weiterhin zusätzlich sein Funkgerät mit an Bord, damit er von beiden Diensten Fahrten vermittelt bekommen kann.
Eine Nachfrage bezüglich der Kosten bestätigte die Aussage von myTaxi. Pro Fahrt fallen 0,79 € Vermittlungsprovision für den Taxifahrer an. Mit dem Smartphone hat er auch die Option, das Internet unabhängig von der Arbeit zu nutzen. Außerdem ist so ein Smartphone bedeutend günstiger als ein für Taxis optimiertes Funkgerät. Er ist sehr zufrieden mit myTaxi und möchte den Dienst nicht mehr missen. Kazem Naderi erzählte mir auch, dass es in Köln noch nicht ganz so verbreitet ist, aber in Berlin kennt er Kollegen, die nur noch mit myTaxi fahren. In Köln möchte er beiden eine Chance geben, erst wenn sich ein Betreiber wirklich durchsetzt, wird er vollständig darauf umsteigen.
Nachteil für Taxifahrer
Einen Nachteil teilte mir der Taxifahrer Kazem Naderi dann doch noch mit. Bekommt er Anfragen über myTaxi von Hotels, dann nimmt er diese nicht mehr an. Seiner Erfahrung nach war in allen Fällen der Fahrgast nicht mehr da. Eine telefonische Nachfrage beim Kunden brachte meist nur die Info, dass er bereits ein anderes Taxi gefunden hat. Der Kunde nutzt in dieser Situation leider viel zu selten die Stornierungsmöglichkeit der App. So könnte der Taxifahrer wenigstens noch reagieren. Ein Nachteil, den es aber auch bei dem klassischen Taxiruf gibt, nur bei der App myTaxi hätte der Kunde die Möglichkeit einfach seinen Auftrag zu stornieren.
Nach dieser kurzweiligen Taxifahrt sind wir auch schon kurz vor Köln Deutz und Kazem Naderi bemerkte nach meiner Nachfrage zum typischen Trinkgeld, dass er es nicht unbedingt bestätigen kann, dass er jetzt mehr erhält als vorher. Er schätzt, dass die Einnahmen für ihn ca. gleich geblieben sind, wies aber auf den Vorteil einer Bewertung hin und dass man so regelmäßige Fahrten sehr viel einfacher organisieren lassen. Da ich Kazem Naderi für seine Auskunftsfreudigkeit danken wollte, wählte ich 20% Trinkgeld aus. Ich war sehr zufrieden und hatte genügend Informationen und Feedback für meinen Erfahrungsbericht erhalten.
Das Fazit meiner Erfahrungen
Abgesehen vom ersten missglücktem Versuch, der zum Teil mein Verschulden war, lief es bei meinem zweiten Versuch perfekt. Ich erwischte einen sehr zuverlässigen Fahrer, der mir auch noch bereitwillig Informationen gab und ich erreichte meinen Zug pünktlich. Wobei dieser dann doch wieder mit einer bahntypischen Verspätung von 20 Minuten eintraf.
Für alle, die beruflich und privat Taxis nutzen: Probiert die myTaxi-App aus! Die Vorteile liegen auf der Hand. Ihr seht, wo sich das Taxi befindet, könnt die Bewertungen des Fahrers nachvollziehen und bekommt auch eine Schätzung, wann das Taxi eintreffen wird. Das sind alles Vorteile, wie ich sie mir wünsche. Wahrscheinlich wird myTaxi nicht das erste Unternehmen sein, das mit dieser Technik auf dem Smartphone um Kunden werben wird. Ich denke, dass der Erfolg bestimmt auch Nachahmer finden wird. Aber die fördern ja bekanntlich den Wettbewerb und das kann für Taxifahrer und Kunden sinnvoll sein.
Mein Test in Köln hat gezeigt, dass es auch möglich ist, beide Systeme – das klassische Taxifunk und die Smartphone-App gleichzeitig zu nutzten und dem Kunden die Entscheidung zu überlassen, welches System sich durchsetzt. Ich habe keinerlei Verständnis dafür, dass Taxifahrer indirekt unter Druck gesetzt werden, wenn sie auf modernere, innovativere und preisgünstigere Lösungen setzten möchten. Lösungen, die mehr Vorteile für Kunden und Taxifahrer bieten, werden nicht mehr vom Markt verschwinden. Die Zukunft gehört der automatisierten zuverlässigen Kommunikation und dafür ist myTaxi ein sehr gutes Anwendungsbeispiel.
"À Nous la Liberté"
Update 10.01.2014
MyTaxi hat das Preismodel für Taxifahrer geändert und verlangt jetzt nicht mehr pauschal 0,79€ für jede vermittelte Fahrt, sondern macht eine Art eBay daraus.
"Für jede Tour, ob kurz oder lang, die gleiche Vermittlungsgebühr zu zahlen ist nicht fair. Und Ihnen (Anm.d.Red. die Taxifahrer) bei der Höhe der Gebühr kein Mitspracherecht zu geben, ist es auch nicht. Deshalb führt mytaxi ab 1. Februar 2014 die Fairmittlungsgebühr ein." schreibt myTaxi in einer Information an alle registrierten Nutzer.
Ab Februar 2014 entscheiden folgende Faktoren für Vermittlung von Fahrten: Höhe der eingestellten Fairmittlungsgebühr, Nähe zum Kunden, Qualität des Taxis und Fahrers (Bewertungen, Abbruchquote, etc.) und Außenwerbung.
Der Taxibetreiber kann jetzt selbst festlegen, wie hoch seine Provision an myTaxi ist und er erhält dann früher und schneller Anfragen. Das bedeutet, je mehr er an myTaxi abgibt, desto mehr Umsatzpotenzial hat er. Dieses Prinzip wird ebenso von Google genutzt, um die Werbeplätze in deren Suchmaschine zu verkaufen. Dies erfolgt aber mit einem entscheidenden Unterschied: Die Höhe der Gebote – bei myTaxi die Höhe der Provision – ist bei Google nicht sichtbar, bei myTaxi aber schon. Dieser kleine aber bedeutende Unterschied ist vom Betreiber myTaxi sicherlich absichtlich gewählt, um die Provisionen stärker ansteigen zu lassen.
In der von myTaxi an alle registrierten Taxibetreiber versendeten Information werden Provisionen von 9% als Beispiel genannt Bei einem Fahrtwert von 30 € würden ab Februar bei 9% Provision statt bisher 0,79€, 2,70€ Gebühr anfallen, das ist eine Preiserhöhung von über 300%.
Für mich persönlich stellt sich aus dieser Preisänderung die Frage, ist Deutschland wirklich schon so weit, dass solche Dienste ihre Marktmacht nutzen können, um Preise zu diktieren. Ich glaube nicht! Diese Preisänderung spielt den klassischen Vermittlern in die Hände, die immer noch auf antike Methoden zur Vermittlung zurückgreifen. Ein so guter Dienst wie myTaxi zerstört dadurch einen Großteil seiner nachhaltig aufgebauten Argumentationskette. Am Ende ist der Fahrgast der Dumme!
Vielleicht ist aber auch jetzt die Zeit für innovative Konkurrenten am Markt, die die Zeichen der Zeit nutzen und einen Gegenpol bilden. Viel Erfolg wüsche ich schon mal!
Update 03.09.2014
Wie heute bekannt wurde, hat Moovel myTaxi jetzt nun vollständig übernommen. Moovel und damit Daimler sind schon seit 2012 an myTaxi beteiligt. Jetzt hat Moovel noch den Rest von myTaxi übernommen. Somit reiht sich der mobile Taxirufdienst in einer Liste ein, die mit anderen innovativen Mobilitätsdienstleistungen aus den Bereichen Öffentlicher Nahverkehr, Car-Sharing oder Fahrradverleih gefüllt ist.