Nespresso - Kleine Kapsel große Wirkung
Aktualisiert am 04. Februar 2019 von Benjamin Männel
Der Duchschnittsdeutsche trank im Jahr 2012 149 Liter Kaffee. Das ist zwar kein Spitzenplatz, aber doch deutlich über dem EU-Durchschnitt. Aus unserem Leben ist er schon lange nicht mehr weg zu denken: Kaffee. Er hat eine lange Tradition und so vielfältig seine Liebhaber sind, so verschiedenartig sind auch seine Zubereitungsformen. Die jüngste unter ihnen ist das Fertigsystem, bei denen man den Kaffee in Form einer Kapsel oder eines Pads in die Maschine einlegt. Das ist einfach, geht schnell und die Dosierung sowie der damit einhergehende Geschmack bleiben konstant. Eines dieser Kapselsysteme ist Nespresso des Schweizer Lebensmittelkonzerns Nestlé. In der Werbung verspricht es einen besonders hochwertigen Genuss sowie hohe Kaffee-Qualität bei sehr geringen Arbeitsaufwand. Etwas Exklusives haftet dem Produkt an. Seit 2012 ist das Patent des Unternehmens auf die Kapseln nun abgelaufen und andere Firmen können ihre, zumeist günstigeren Kapseln für das Nespresso-System vertreiben und dem Konzern Konkurrenz machen. Das nahmen wir zum Anlass uns einmal mit diesem Trend zu beschäftigen.
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Nespresso lebt von seinem Image.
Für sein Marketing scheut Nespresso keine Kosten und bewirbt seine Produkte mit Prädikaten wie "Grand Crus" oder "Gourmet"-Kaffee. So wird der Wert der Produkte erheblich gesteigert. Auch die durchgestylten Nespresso-Boutiquen vermitteln einen exklusiven Eindruck. Durch relativ günstige Einsteigermaschinen und deutlich teurere Modelle mit kleinen Extras ist ein breites Marktspektrum abgedeckt. Ein Kilogramm Nespresso-Kaffee kostet dann allerdings im Verkauf um die 80 Euro, was ungefähr den Preisen von Spitzenkaffees einer Privatrösterei entspricht, also auf dem höchsten Preisniveau ist. Zum Vergleich: Ein Kilogramm eines durchschnittlichen Industiekaffees kostet zwischen 10 und 15 Euro. Matthias Heyder zufolge darf jedoch daran gezweifelt werden, dass die Qualität von Nespresso, mit der eines Spitzenkaffees vergleichbar ist. Ein Indiz sieht der Geschäftsführer der Rösttrommel Nürnberg mit eigener Rösterei, bei der Ernte der Bohnen. Die hochwertigen Kaffeebohnen müssen per Hand geerntet werden, da die Anbaugebiete sehr hoch gelegen sind, somit also nicht mit schweren Erntemaschinen bewirtschaftet werden können. Die erforderliches Mengen Rohbohnen für einen Großkonzerns können von den, relativ kleinen Plantagen im Hochland nicht gedeckt werden. Es ist somit fraglich ob die Vermarktung als "High-End-Produkt" gerechtfertigt ist.
Was geschieht mit den benutzten Kapseln
Ein weiteres Problem des Nespresso-Prinzips sieht Heyder in der Abfallverursachung durch die Produktion und der Entsorgung der gebrauchter Kapseln. Der Mutterkonzern Nestlé hatte in der Vergangenheit aus diesen Gründen schon öfter Imageprobleme. Bei der Fertigung entsteht als Nebenprodukt giftige Schlacke. Das Hauptproblem ist aber das Recycling der Kapseln, die in Deutschland nicht als Verpackungsmaterial gelten. Das Unternehmen muss also keine Abgaben für den Gelben Sack zahlen, obwohl dieser für die Wiederaufbereitung verantwortlich ist.
Die Zahlen die Nestlé über die Umweltfreundlichkeit seines Produkts Nespresso veröffentlicht, sind häufig irreführend, da sie nur für bestimmte Regionen und Länder gelten, jedoch nicht den ganzen Recyclingprozess widerspiegeln. Andere Anbieter haben mittlerweile biologisch abbaubare Kapseln für die Originalgeräte im Angebot. Auch dem Staat wäre hier angeraten den Konzern zu einer gewissen Verantwortung zu verpflichten. Dies könnte z.B. durch ein Kapselpfand geschehen. Ähnlich wie schon bei den Weißblechdosen könnte man mit einem Pfand von etwa 10 Cent pro Kapsel dafür sorgen, dass sie in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt werden, um Umweltschäden nachhaltig zu vermeiden.
Doch Nespresso versucht mit seiner Öffentlichkeitsarbeit Kritik abzuwehren, was ihnen auch häufig gelingt. Darüber hinaus lassen die nach Unternehmensangaben gezahlten fairen Preise für die Kaffeebauern bei Matthias Heyder Zweifel aufkommen. Bereits 2011 hatte die Schweizer Menschenrechtsorganisation "Solidar Suisse" den Konzern öffentlich dafür angeprangert, dass die Kaffeebauern nicht von den hohen Gewinnen profitieren. Mittlerweile hat das Marketing von Nespresso auch hier nachgerüstet und man hat versprochen einen gewissen Prozentsatz über dem Preis des Weltmarkts zu zahlen. Da sich der Weltmarktpreis aber ständig ändere, so der Mitgründer der Rösttrommel, gehe der Informationsgehalt dieser Angaben gegen Null. Außerdem seien sie nicht nachprüfbar.
Qualität
Bei all diesen Kritikpunkten kann man nicht abstreiten, dass der Kaffee des Schweizer Konzerns vielen Leuten besonders gut schmeckt. Doch auch hier gibt es Stimmen, die meinen Nespresso würde seine Standardsorten aromatisieren, dem Kaffee also hochkonzentrierte Aromen bei zu fügen. In Anbetracht der langen Distributionswege und langwierigen Arbeitsschritten der Verarbeitung und Verpackung, bei denen Kaffee für gewöhnlich stark an Geschmack verliert, ist es unwahrscheinlich, dass der Geschmack des Nespresso-Kaffees ohne nachzuhelfen erreicht wird. Auch die enormen Mengen an Rohbohnen, die eine große multinationale Marke benötigt, deuten darauf hin, dass wie in jedem Großbetrieb viele verschiedene Kaffees zusammengemixt werden. Ein guter Geschmack ist unter diesen Umständen nur sehr schwer zu gewährleisten und so empfiehl es sich zu zweifeln, ob wirklich kein Aroma zugefügt wird. Auch die Vielfalt der klassischen Kaffees von Nespresso ist unter diesen Fabrikationsbedingungen nur schwer ohne Geschmacksmodifikation vorstellbar. Entgegen der Selbstdarstellung von Nespresso, ist der Aufbereitungsvorgang nicht transparent. Das bedeutet auch das man diese Vermutungen nicht endgültig nachweisen, sondern nur mutmaßen kann, wie das Produkt hergestellt wird.
Vorsichtigen Schätzungen zufolge beläuft sich der Einkaufspreis für das Kilo Kaffeebohnen wohl auf etwa 2 bis 3 Euro und die Gewinnmarge auf ca. 50 bis 60 Euro pro Kilo. Das ist für ein Industrieprodukt eine unglaubliche Summe. Dabei dürften die höchsten Kosten für die Vermarktung anfallen. Unter anderem werben George Clooney und andere Filmstars für den Kaffee. Vor allem findet es Matthias Heyder problematisch, dass es eine Differenz zwischen der Außendarstellung und der Wirklichkeit der Produktion in dem Unternehmen gibt. Die Verbraucher lassen sich allerdings nur all zu oft von Greenwashing und geschickten Marketingstrategien blenden. Fest steht wohl, das einige unter ihnen sind, die dennoch von dem Produkt abstand nehmen würden, wenn mehr über die Herstellung bekannt wäre. Wenig hilfreich bei der Aufklärung der Verbraucher ist der Deutsche Kaffeeverband, der Nespresso oft gegen Kritiker verteidigt. Unter anderem bediente man sich dort des Arguments, dass bei herkömmlichem Kaffee ebenfalls Abfall in Form von Filtern entstehe. Dabei war man nicht darum verlegen zu verschweigen, dass jene Filter im Gegensatz zu Kapseln aus Aluminium, kompostiert werden können. Nun wäre es zwar naiv von einer Lobby-Organisation Kritik zu erwarten, aber man könnte sich bei der Rechtfertigung zumindest etwas mehr Mühe geben. Den kunstvoll aufgebauten Ruf als Goumetkaffee wird Nespresso so leicht nicht mehr verlieren und gegen die neuen Konkurrenten hat man auch schon eine Waffe gefunden. "Um das Anstechen der Nespresso Kapseln zu verbessern und so die perfekte Kaffee-Extraktion zu sichern" hat man bei den neuen Maschinen feinere Nadeln verbaut, die die Plastikhülle der Billigen Kapseln nicht durchdringen. In einigen Fällen werden die "Billigkapseln" von den Geräten auch zerquetscht.
Alles in allem bleibt mein Aufruf, ähnlich wie schon bei den Weißblechdosen eine Pfandabgabe von etwa 10 Cent pro Kapsel einzuführen, so dass diese Kapseln in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt würden. Sicherlich keine beliebte Maßnahme, aber es würde mehr Aufmerksamkeit auf die eigentliche Problematik lenken.
(Das Interview mit Matthias Heyder von der Rösttrommel Nürnberg führte Markus Wolf.)