Erst Pauker, dann Amtsschimmel: Das Ämtergebäude am Bauhof 5
Aktualisiert am 04. Februar 2019 von Sebastian Gulden
1883 pflanzte die Stadt Nürnberg einen gewaltigen Neubau auf den Bauhof in der Lorenzer Altstadt. Als Maßnahme gegen den akuten Mangel an Schulräumen errichtet, riss ihn sich später die Bauverwaltung unter den Nagel.
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Bauämter und Schulen haben manches gemeinsam. Lange Flure zum Beispiel. Und die kaum bestreitbare Tatsache, dass die Mehrheit der Besucherinnen und Besucher sie eher ungern betritt. Nürnberg besitzt ein Gebäude, das nacheinander beide Funktionen innehatte bzw. innehat, nämlich das gewaltige Ämtergebäude am Bauhof 5 in der Nürnberger Altstadt.
Man muss schon zugeben: Mit seinen Ausmaßen – die Ostfassade misst stolze 60 Meter Breite – passt das Gebäude nicht so ganz in die auch nach dem Wiederaufbau noch immer eher kleinteiligen Strukturen der Lorenzer Altstadt. Das war der Bauherrin, der Stadt Nürnberg, anno 1883 herzlich egal. Schulen brauchte die Stadt, und so riss man ein ganzes Quartier für den Bau der vom Königreich Bayern getragenen „Kreis-Realschule“ weg, in der ab 1885 die ersten Buben (Mädchen waren nicht zugelassen) die Schulbank drückten.
Ensemble im Geist der Antike
Formal aber passen die klassizistische ehemalige Schule und das 270 Jahre ältere Baumeisterhaus im Stil der Renaissance schräg gegenüber gut zusammen, teilen sie doch in ihrem Bauschmuck und ihrer Fassadengliederung Ideen aus der gleichen Zeit, nämlich der griechisch-römischen Antike. Und: Auch das Baumeisterhaus hatte lange Jahre – eher schlecht als recht – als Schule herhalten müssen. Bis weit in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es kaum größere Schulhäuser in Nürnberg, so dass die Stadtverwaltung die immer zahlreicher werdenden Schülerinnen und Schüler zum Unterricht in diverse angemietete Wohn- und Verwaltungsbauten stopfte – ein Dauerprovisorium, das erst am Ende des Jahrhunderts langsam sein Ende fand.
Das rasante Wachstum Nürnbergs im Industriezeitalter führte dazu, dass die Kreis-Realschule um die Jahrhundertwende schon wieder aus allen Nähten platzte. Erst 1903 kam die ersehnte Entlastung, als die neue „Kreis-Realschule II“ (das heutige Hans-Sachs-Gymnasium) im Maxfeld eröffnet werden konnte.
Baumeisterhaus und Bauhof verdanken ihre Namen der Tatsache, dass hier in reichsstädtischer Zeit Baustoffe für kommunale Projekte gelagert und vorgerichtet wurden. Der Baumeister – Vorläufer des Baureferenten – residierte im Baumeisterhaus. Nach dem langen Intermezzo als Schulstandort ist das seit 1937 wieder so: Damals setzte die nationalsozialistische Stadtverwaltung die Schüler der Dürer-Oberrealschule, wie die Kreis-Realschule I seit 1928 hieß, an die frische Luft. Der Grund: Das Bauamt benötigte das Schulgebäude, die Realschüler und ihre Lehrer wurden in das Schulhaus Sielstraße 17, das heutige Dürer-Gymnasium, verfrachtet. Der Frauenadler, das große Wappen Nürnbergs mit der Mauerkrone als Ausdruck städtischer Selbstbestimmung, prangte passenderweise schon über dem Hauptportal.
Behutsame Baumaßnahmen
Im Zuge der Umwidmung zum Bauamt versah man das Gebäude mit einem zusätzlichen Stockwerk. Beachtlich: Während man in der NS-Zeit vielerorts herzlich wenig Rücksicht auf die Fassaden des 19. Jahrhunderts nahm, hat man hier die Vorsprünge (Risalite) an den Ecken des Gebäudes und das Abschlussgesims wiederaufgenommen, wenngleich nicht in Sandstein, sondern verputzt.
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg ging man behutsam mit dem klassizistischen Koloss um: Die südliche Schmalseite des Gebäudes, die durch Bombentreffer zerstört worden war, rekonstruierte man bis 1951 in der alten Form und schnitt ein paar neue Fenster ein.
Der städtische Verwaltungsapparat griff nach dem Krieg baulich um sich: An Stelle der kleinen Bürgerhäuser am linken Bildrand des historischen Fotos entstand ein moderner Verwaltungsbau, der sich durch sein Walmdach, die Portale mit Sandstein-Einfassung und von weißen Faschen eingefasste Fenster in die historische Umgebung der Altstadt einfügt. Das Dienstleistungszentrum Bau am rechten Rand des aktuellen Bildes und die hier nicht sichtbare Erweiterung des Ämtergebäudes Bauhof 5 an der Johannesgasse gerieren sich dagegen konsequent als Zeugnisse der Nachkriegsarchitektur mit Rasterfassaden aus Beton, Klinker und Fensterbändern.
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