Steinerner Zeuge des alten Erlenstegen: Der „Goldene Stern“

Aktualisiert am 04. Februar 2019 von
Erlenstegenstraße 95

Die Erlenstegenstraße im Jahre 1904. Am rechten Bildrand sind der „Goldene Stern“ (mit Walmdach) und das Zollhaus (links daneben) zu sehen. Foto: © Hermann Martin (cc)

Für die meisten ist Erlenstegen das Nürnberger Nobelviertel schlechthin. Doch die Geschichte des Stadtteils reicht viel weiter zurück. Der „Goldene Stern“ im alten Ortskern ist ein kostbares Denkmal der Zeit vor der Invasion der Betuchten.

Quadratisch, praktisch, gut – so steht er da, der „Goldene Stern“ in der Elenstegenstraße 95, mitten im historischen Kern des alten Dorfes. Seit Jahr und Tag ist er Blickfang für jene, die von Nürnberg oder Behringersdorf die Hauptstraße entlangkommen. Für die Wirte, die das Haus innehatten, war das stets von Vorteil. Nicht umsonst gehörte der „Goldene Stern“ zu den beliebtesten Ausflugslokalen der Nürnberger, die schon im 19. Jahrhundert auf der Suche nach Licht, Luft und Natur ins Umland strömten.

Irgendwann blieb es dann nicht mehr beim Wochenendausflug. Viele Städter kamen, um zu bleiben und bauten sich an den Hängen oberhalb des alten Erlenstegen ihre Villen und Landhäuser. Das beeindruckende Sandsteingebäude des „Goldenen Sterns“ erinnert an die Zeit, bevor Erlenstegen zum „Bogenhausen Nürnbergs“ avancierte. Das heißt: High Society gab es in Erlenstegen auch vorher schon. Gleich acht Landsitze reicher und einflussreicher Nürnberger Familien tummelten sich im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit im und um das Dorf – drei von ihnen sind zumindest in Teilen erhalten geblieben.

Das Gasthaus zum „Goldenen Stern“, aufgenommen zwischen 1925 und 1933 und 2016.

Das Gasthaus zum „Goldenen Stern“,1925/1933 und 2016. Fotos: © Franz Stöger (1925/1933) – Boris Leuthold (2016) (cc)

Steinreiche Bauherrn

Erstmals lässt sich das Gasthaus zum „Goldenen Stern“ im Jahre 1476 fassen, als es sich im Besitz einer gewissen Witwe Menger befand. An der Fassade des heutigen Bauwerks prangt die Jahreszahl „1744“, und in den typischen Formen des Barock zeigt sich auch das Äußere des Gasthauses: Den wuchtigen, blockhaften Baukörper bekrönt ein hohes Walmdach, das man früher üblicherweise als Lagerraum genutzt haben wird. Die regelmäßig und symmetrisch angeordneten Fenster sind nur ganz dezent mit profilierten Laibungen und blockhaften Sohlbänken betont.

Sowohl den geometrischen als auch den gestalterischen Mittelpunkt der Fassade zur Erlenstegenstraße bildet das Hauptportal, das durch eine Einfassung mit auskragenden Ecken – man spricht treffenderweise auch von einem „geohrten“ Rahmen – und ein Gesims hervorgehoben ist.

Dass die Umfassungsmauern des „Goldenen Sterns“ schon im 18. Jahrhundert ganz aus Sandsteinquadern gefügt waren, belegte die Finanzkraft seiner Besitzer, denn Haustein oder Ziegel waren sündteuer – das geflügelte Wort „steinreich“ kommt nicht von ungefähr. Abgesehen von den Kirchen und Herrensitzen waren die meisten Anwesen im Nürnberger Umland damals in Fachwerkbauweise ausgeführt. Erst um 1800 gingen die Besitzer verstärkt dazu über, ihre Gebäude ganz oder teilweise zu „versteinern“.

Der Biergarten des „Goldenen Sterns“, im Hintergrund links der ehemalige Kressische Herrensitz, aufgenommen zwischen 1925 und 1933.

Der Biergarten des „Goldenen Sterns“, im Hintergrund links der ehemalige Kressische Herrensitz, 1925/1933. Foto: © Franz Stöger (cc)

Wirtshaus mit allem Drum und Dran

In den 1920er und 1930er Jahren, als der Nürnberger Fotograph Franz Stöger unsere historischen Bilder aufnahm, besaß der „Goldene Stern“ schon so ziemlich alles, was eine stark frequentierte Dorfgaststätte so braucht: Neben eigener Hausschlachtung, drei Gaststuben und einem ausgedehnten Biergarten hatte Wirt Johann Maisel bereits Telefon im Haus. Eine Uhr an der Ecke zur Günthersbühler Straße ersetzte die Turmuhr der Kirche, die Erlenstegen nicht besaß. Der schmiedeeiserne Ausleger an der Südfassade dagegen ist ein nostalgischer Nachbau unserer Tage – der namensgebende goldene Stern, der strahlte schon vorher direkt über dem Eingang. Auch die Fensterläden mit ihrem rot-weiß-gestreiften Anstrich sind eine Zutat jüngerer Zeit.

2016 feierte der traditionsreiche Gasthof seine Wiedereröffnung mit neuer Pächterin. Die Zukunft eines jahrundertalten Stücks Erlenstegen ist damit gesichert. Anders sieht es beim westlichen Nachbarn aus: Das seit Langem leerstehende Zollhaus – wie der „Goldene Sterne“ ein geschütztes Baudenkmal – wurde letztes Jahr durch Brandstiftung schwer beschädigt. Seine Zukunft ist ungewiss.

Zur Nachlese

Allen, die mehr über das Gasthaus zum „Goldenen Stern“ erfahren wollen, möchten wir zwei Beiträge von Prof. Dr. Hermann Rusam ans Herz legen, die in der Nürnberger Zeitung und den „Blauen Heften“ des Bürgervereins Jobst-Erlenstegen (Jahrgang 2016, Heft 4, ab Seite 32) erschienen sind.

Andere Vorher-Nachher-Bildfolgen von Stadtbild im Wandel

Fotogener Dauerbrenner: Die „Sutte“ des Heilig-Geist-Spitals

Wintertraum aus Schnee und Sandstein: Das Haus Spittlertorgraben 35

Noblesse aus zwei Epochen: Das Anwesen Marientorgraben 9

Blog abonnieren
'Nürnberg und so' Blogfeed abonnieren

Zusätzlich zu dem Podcast stellt 'Nürnberg und so' auch immer wieder begleitende Geschichten und Informationen aus der Metropolregion Nürnberg vor.

Blog-Artikel als RSS Feed abonnieren

Foodtrucks & Street Food
Finde mit Craftplaces Foodtrucks und Street Food

Logo Craftplaces - mobile Unternehmen wie Foodtrucks und Street Food finden

Die besten Foodtrucks und Street Food in deiner Stadt suchen, denn mobile Unternehmen sind immer und überall für dich da. Craftplaces zeigt dir wo und wann sie unterwegs sind.

Du willst nichts verpassen?
Anmeldung E-Mail Newsletter 'Nürnberg und so'

Anmeldung zum E-Mail Newsletter

Sätze für die Ewigkeit
Podcast Nürnberg und so
Bevor ich das Kostüm anziehe schraube ich es erst zusammen.
Svetlana Quindt in Sendung No. 21
Das kann auch mal ein totaler Boost sein.
Jan Hagemann in Sendung No. 23
Crowdfunding musst du beim Finanzamt buchstabieren.
Jan Hagemann in Sendung No. 23
Letzte Podcast Sendungen
Nürnberg und so

Jörg Korinek / Podcast-Sendung No. 32

Veröffentlicht am 05.05.2015

Den geborenen Göppinger lockte ein Praktikum in die Frankenmetropole. Dem Weg zum Informatik-Studium gingen einige bundesweite Schulaufenthalte voraus, bei denen er Orientierung gewann und diverse…

zur Sendung No. 32

Roland Rosenbauer / Podcast-Sendung No. 31

Veröffentlicht am 11.02.2015

Aus Cadolzburg kommend, finanzierte er sich mit dem "Ruf der Unendlichkeit" oder der "Rache des Knochenmannes" seine Schulzeit. Trotz BWL Studium landete er schließlich beim Jugendfunk des…

zur Sendung No. 31

Aktuelle Magazin-Artikel
Nürnberg und so

Zehn Fragen an Startup Craftplaces aus Nürnberg

Veröffentlicht am 10.02.2019

Mit der Technologie des Startups Craftplaces finden Millionen Street Food Kunden Foodtrucks. Das junge Technologie-Unternehmen strebt an, das in 5 Jahren alle Foodtrucks in Europa und den USA mit…

weiterlesen

Fotogener Dauerbrenner: Die „Sutte“ des Heilig-Geist-Spitals

Veröffentlicht am 28.12.2018

In den letzten Wochen wurde sie wieder zehntausendfach geknipst: Die malerische Westfront des Heilig-Geist-Spitals. Sie ist nicht nur eines der beliebtesten Fotomotive Alt-Nürnbergs, sondern hat…

weiterlesen

Interview zum Afrika Film

Veröffentlicht am 18.12.2018

Eigentlich war das alles ja gar nicht so geplant gewesen – das mit dem so lange bleiben, das mit dem Alleinsein und dem Weg zu sich selbst. Doch die Frage ist, ob man in diesem Leben so etwas…

weiterlesen

Wintertraum aus Schnee und Sandstein: Das Haus Spittlertorgraben 35

Veröffentlicht am 14.12.2018

Bis zum Zweiten Weltkrieg waren prächtige Vorstadthäuser mit Sandsteinfassaden und Vorgärten in Nürnberg ein vertrauter Anblick. Sie vermittelten weltstädtisches Flair, städtebauliche…

weiterlesen