Möller, Müller, Mühlberger: Das Haus Friedrichstraße 9
Aktualisiert am 04. Februar 2019 von Boris Leuthold und Sebastian Gulden und Stefan Schwach
Zu den frühen gründerzeitlichen Mietshäusern in den Gärten hinter der Veste zählte die Friedrichstraße 9, die über die Jahre einen Maurerbetrieb, eine Spielzeugfabrik und eine Reinigung beherbergte.
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1874 war es im Norden des Vestnertorgrabens noch recht ruhig. Neben der Villa des Bleistiftfabrikanten Gustav Adam Schwanhäußer lagen nur einige verstreute, meist niedrige Wohnhäuser und Bauernhöfe am Rande des vorstädtischen Ackerlandes. In diesem Jahr legten die Brüder Wilhelm und Johann Friedrich Möller – der eine Maurer-, der andere Zimmermeister – den Grundstein zu einem Mietshaus mit Maurergeschäft. Sie errichteten ein einfaches Vorstadthaus mit vier Etagen, von Gesimsen und Fensterverdachungen im Stil des Klassizismus gezierten Fassaden und einem Klosett auf dem Hof. Es war ein verputzter Ziegelbau – der edlere, aber teurere Sandstein-Massivbau musste es an dieser abgelegenen Stelle denn auch nicht sein.
In den folgenden Jahrzehnten wurde das Grundstück immer dichter bebaut, wobei Gewerbe und Wohnen stets nebeneinander lagen: 1886–1887 errichtete der Fabrikant Ludwig Müller im Hinterhof ein neues Werkstattgebäude, in dem er mechanisches Blechspielzeug herstellte. Zu seinen Spezialitäten gehörten Spieluhren, später auch „Aeronautische Karusselle“, an denen sich Figürchen oder kleine Luftschiffe und Flugzeuge drehten. 1898 folgte ein weiteres Hinterhaus mit Wohnungen nach Plan von Georg Philipp Höfler, das Martin Macher 1901 um eine Stallung ergänzte.
Zu Beginn des Ersten Weltkrieges war es mit dem Blechspielzeug vorbei: Johann Martin Mühlberger richtete in den Geschäftsräumen eine chemische Reinigung ein, die später sein Sozius Gottlob Kadeder übernahm und 1924 um ein weiteres Rückgebäude ausbaute.
1945 schlugen Fliegerbomben am nahen Vestnertorgraben ein. Die Villa der Schwanhäußers gleich um die Ecke wurde ein Raub der Flammen, und auch das Wohn- und Geschäftshaus der Kadeders blieb nicht verschont. 1950 blickte man von den gegenüberliegenden Häusern auf eine verwilderte Brachfläche, im Vordergrund die kläglichen Mauerreste der alten Anwesen Friedrichstraße 7 und 9. Das Firmenschild in antiquierter Frakturschrift wirkt wie ein letztes Aufbäumen gegen das Ende.
Die Firma Kadeder gibt es heute nicht mehr. An Stelle des klassizistischen Vorstadthauses zog man ab 1982 eine Wohnanlage in die Höhe. Die Brauntöne der Fassade, der reichliche Einsatz von brünierten oder braun lackierten Metallteilen und kleine architektonische Spielereien wie die abgeschrägten Ecken des Treppenhausschachtes sind typisch für die Entstehungszeit.
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