Auf der Spur des Adlers: Die Fürther Straße

Aktualisiert am 04. Februar 2019 von und Sebastian Gulden und Stefan Schwach
Die erste Fahrt des Adlers

Die erste Fahrt des Adlers auf der späteren Route der Fürther Straße, 1835. Foto: © Verlag Ernst Nister (cc)

Mit 356 Hausnummern und über vier Kilometern Länge ist die Fürther Straße einer der längsten Verkehrswege Nürnbergs. Und sie ist ein Ort, an dem europäische Verkehrsgeschichte geschrieben wurde.

Der Grünstreifen, der die Fürther Straße teilt, erinnert an die erste öffentliche Eisenbahnstrecke auf dem europäischen Festland. 1835 absolvierte die Lokomotive „Adler“ mit Lokführer William Wilson und rund 200 Ehrengästen in den angehängten Waggons ihre Jungfernfahrt zwischen den aufstrebenden Industriestädten Nürnberg und Fürth. Nachdem der Betrieb der Ludwigsbahn 1922 eingestellt worden war, folgte noch die Straßenbahn ihrem Streckenverlauf, bis auch sie ab 1980 durch die U-Bahn abgelöst wurde. Die beiden Endbahnhöfe fielen 1938 und 1953 der Abrissbirne zum Opfer.

Das neubarocke Eisenbahndenkmal von Heinrich Schwabe und Christoph Lenz hat man 1993 vom Plärrer an die Fürther Straße auf Höhe der Glockendonstraße versetzt. Der Standort liegt etwas weiter stadtauswärts von jener Stelle, die ein unbekannter Fotograf um 1910 und wir 2016 eingenommen haben.

Die Fürther Straße an der Kreuzung Will- und Kernstraße, zwischen 1905 und 1910 und 2016

Die Fürther Straße an der Kreuzung Will- und Kernstraße, 1905/1910 und 2016. Fotos: © Verlag Jacob Trobitius (1910/1919) – Sebastian Gulden (2016) (cc)

Ein beträchtlicher Teil der Fürther Straße – etwa vom Plärrer bis zur Maximilianstraße – war um 1900 durch prächtige Mietshäuser geprägt, die an Größe und Prunk in Nürnberg ihresgleichen suchten. Wie im Mittelalter schätzte die feine Gesellschaft des 19. und frühen 20. Jahrhunderts die Wohnlagen an den Hauptstraßen, wo man selbst (und das prächtige Heim) von aller Welt gesehen werden konnte. Das ist verständlich, wenn man bedenkt, dass Lärm und Abgase sich damals noch in Grenzen hielten. Obwohl Zweiter Weltkrieg und Nachkriegszerstörung einige Furchen in den Bestand geschlagen haben, ist die edle Promenade noch heute an vielen Stellen zu erleben.

Mit der Großbürgerlichkeit war es indessen nicht weit her: Unmittelbar an die Prachtbauten schlossen in den Nebenstraßen Wohnhäuser einfachen und einfachsten Standards an. Das Eckhaus im Mittelgrund rechts ist typisch für die Wohnhäuser in Gostenhof und an der Bärenschanze: meist zwei- bis dreigeschossig mit ausgebautem Mansarddach, kleinen Wohnungen mit Etagen-Klosett und ohne Bad. Nur das Fassadendekor im Stil der Neorenaissance oder des Klassizismus durfte aller Bescheidenheit im Inneren zum Trotz nicht fehlen.

Was uns das Bild noch erzählt

Jeder kennt die grellbunten Ansichtskarten, die die Souvenirläden in aller Herren Länder feilbieten. Meist sind darauf sattsam bekannte Sehenswürdigkeiten zu sehen. Um 1900 gab es viele Einzelhändler, die im Eigenverlag Ansichtskarten ihrer Nachbarschaft anboten, auch wenn sich selten ein Tourist dorthin verirrte. Käufer der Bilder waren ohnehin meist Anwohner, die die Ansichten ihrer Nachbarschaft an Freunde und Verwandte verschickten. Verleger war in unserem Falle Jacob Trobitius, der in der Kernstraße 13 einen Schreibwarenladen betrieb.

Übrigens verdanken wir Herrn Trobitius – neben der schönen Ansichtskarte – eine der größten Errungenschaften des Scherzartikel-Universums: Er ließ sich 1898 einen Kunstblumenstrauß mit eingebautem Wasserspritzball patentieren.

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