Platz für besondere Gelegenheiten: Der Hubertussaal in Gibitzenhof

Aktualisiert am 04. Februar 2019 von und Sebastian Gulden und Stefan Schwach
Hubertussaal

Der Hubertussaal an der Dianastraße, von Südwesten gesehen, 1918. Foto: © Verlag Julius Hoffmann (cc)

Hochzeitsfeier im Saalbau? Den meisten Paaren graut es heute vor der Vorstellung, in einer angestaubten Festhalle ihre Vermählung zu feiern. Zu Unrecht, denn es gibt sie noch, die schönen Säle, die den Geist einer längst vergangenen Epoche atmen.

Der schicke Gasthof mit rustikaler Landhauseinrichtung und handgemalten Platzkärtchen und andere Alternativen haben die Veranstaltungssäle des Jahrhundertwende an Beliebtheit längst überflügelt. Viele von ihnen gibt es in Nürnberg ohnehin nicht mehr: Die Bucher Säle wurden 1976 für einen Anbau der Eisfabrik Schöller abgerissen, die Lessingsäle am Deutschen Hof fielen 2014, von den Humboldtsälen blieben bei der Sanierung des Gebäudes nur die Fassaden stehen; der Saalbau in Buchenbühl ist gut erhalten, wird heute aber als Auktionshaus genutzt.

Vor rund 100 Jahren waren die zumeist an Gaststätten angeschlossenen Saalbauten Dreh- und Angelpunkte gesellschaftlichen Lebens. Hier wurde gefeiert, gespeist, debattiert, getanzt. Die künstlerisch aufwendig gestalteten, mit Bühne und Emporen ausgestatteten Festhallen hatten nichts mit den muffigen Sälen mit Pseudo-Bauernmöbeln, Fliesenboden, Butzenscheiben und Kunstblumensträußchen, wie man sie noch in so manchem Landgasthof der Nachkriegszeit erleben kann, gemein. Heute, da das Angebot an „Party Locations“ immens gewachsen ist, sind die altehrwürdigen Saalbauten im Aussterben begriffen. Nur einige wenige, wie eben der Hubertussaal, haben verständige und kreative Nutzer gefunden, die die alten Mauern mit neuen Ideen füllen, ohne ihre Historie zu verleugnen.

Der Hubertussaal, von der Dianastraße aus gesehen, 1918 und 2016.

Der Hubertussaal, von der Dianastraße aus gesehen, 1918 und 2016. Fotos: © Verlag Julius Hoffmann (1918) – Boris Leuthold (2016) (cc)

Der Hubertussaal gehört zur Wohnanlage „Dianablock“, die wir in einer früheren Ausgabe vorgestellt haben. Ludwig Ruff errichtete das Festgebäude 1908–1909 als Mittelpunkt der neuen Siedlung für die Angestellten der MAN. Mit seinen Schweifgiebeln, Schnecken, Lisenen und Fassadenreliefs greift der Bau Formen des Hochbarock auf, die um 1910 im Königreich Bayern höchst populär waren. Benannt hat man Saal und Gastwirtschaft wohl nach Hubertus von Lüttich, dem Schutzheiligen der Jäger.

Röhrende-Hirsch-Romantik also? Mitnichten! Das Innere des 2003 restaurierten Saals strahlt mit seiner Wandgliederung und feinem Ornamentstuck im Jugendstil noch immer den Charme der Zeit kurz vor dem Ersten Weltkrieg aus. Heute dient das Gebäude unter anderem als Stadtteilzentrum für Gibitzenhof, als Saal der evangelischen Markusgemeinde und als Spielstätte des Gostner Hoftheaters.

Dass es den Hubertussaal noch gibt, ist ein Glücksfall. Als die Wohnungsbaugesellschaft Nürnberg (wbg) den Dianablock 1985 erwarb, waren die Gebäude in einem völlig desolaten Zustand. Die Sanierung des unter Denkmalschutz stehenden Ensembles verschlang Millionen, doch das Ergebnis kann sich sehen lassen. Möge der Heilige Hubertus dem Saal auch in Zukunft gewogen sein und Nürnberg ein Stück Fest- und Feierkultur aus alter Zeit bewahren!

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