Morgentrunk für Hartgesottene: Beim Lutz traf man sich um sechs zum Frühschoppen
Aktualisiert am 04. Februar 2019 von Boris Leuthold und Sebastian Gulden und Stefan Schwach
Mal ehrlich: Würden Sie sich morgens um halb sechs zu Fuß auf den Weg von der Altstadt nach Großreuth hinter der Veste machen? Die Mitglieder der Großreuther Morgengesellschaft jedenfalls taten das, unverdrossen!
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Die Morgengesellschaft, ein lockerer Zusammenschluss von Ärzten, Lehrern, Handwerksmeistern und anderen Mitgliedern des Bürgertums, traf sich mindestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts mehrmals in der Woche zum geselligen Beisammensein in dem urigen Wirtshaus vor der Stadt. Zu dieser frühen Stunde waren die feinen Herren noch ungestört, denn der Lutz gehörte schon damals zu den beliebtesten Ausflugslokalen im Nürnberger Umland.
Der Weg der Morgengesellschaftler zum Lutz war noch etwas reizvoller als für uns Heutige: Er führte sie nach Durchschreiten der Stadtmauern durch die noch weitgehend unbebaute Ackerlandschaft des Knoblauchslandes. Diese Stille im Sonnenaufgang kann man sich heute nur noch schwer vorstellen, wenn man nach Großreuth geht oder fährt.
Erfreulich ist dagegen, dass Großreuth seinen dörflichen Charakter von damals gut bewahrt hat. Das Gast- und Kaffeehaus zum Lutz am östlichen Rand des Dorfkerns wird 1853 erstmals erwähnt. Bis heute trägt es den Namen der ersten nachweisbaren Inhaberfamilie. Das Gebäude, in dem es sich befindet, ist jedoch viel älter: Das typische Knoblauchsländer Haus mit hohem Satteldach wurde um 1705 erbaut.
Nur wenige hundert Meter nördlich des Lutzgartens liegt der frühere Flugplatz Marienberg. Von hier fuhr Adolf Hitler an den Reichsparteitagen in die Innenstadt. Klar, dass die nationalsozialistische Stadtregierung Wert darauf legte, dass auch in Großreuth die Ideologie des Regimes mit harter Hand durchgesetzt wurde.
Als sich Heinrich Hofmann, der den Lutzgarten 1931 übernommen hatte, weigerte, seine jüdischen Gäste des Lokals zu verweisen, begann das Propagandablatt Der Stürmer eine üble Hetzkampagne gegen ihn. Hofmann musste schließlich nachgeben. Als er in Kriegsgefangenschaft geriet, zahlte sich seine Zivilcourage dann doch aus: Ein früherer jüdischer Gast legte bei den US-amerikanischen Besatzern ein gutes Wort für den Wirt ein, so dass er rasch freigelassen wurde.
Wer mag, kann auch heute noch im Lutzgarten auf ein Kellerbier und ein Schäuferl vorbeischauen. Nur bitte nicht um sechs Uhr in der Früh.
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