Eine Straße für Mathilda: Wohnkultur der Jahrhundertwende im Rennweg

Aktualisiert am 04. Februar 2019 von und Sebastian Gulden und Stefan Schwach
Mathildenstraße

Die Mathildenstraße zwischen 1905 und 1920. Foto: © Konrad Gerstacker (Leihgabe von Werner Jülka) (cc)

Um 1875 war „Mathilda“ so beliebt, dass man im heutigen Nürnberger Stadtteil Rennweg eine Straße auf diesen Namen taufte. Derzeit erfreut sich der Name neuerlicher Beliebtheit, und auch die Mathildenstraße konnte sich viel von ihrem historischen Charme bewahren.

Auf die putzige Idee, neue Straßen nach beliebten Vornamen zu benennen, kämen die Stadtoberen von heute gewiss kaum noch. Allzu oft greift man lieber auf bandwurmartige Namen zurück, in denen auf jeden Fall alle Titel einer zu ehrenden Person aufgeführt werden müssen. Die zwischen 1875 und 1877 amtlich benannte Mathildenstraße steht in einer ganzen Reihe Nürnberger Straßen, die schlicht und ergreifend beliebte Mädchen- und Jungennamen ihrer Zeit tragen, so auch die Elisenstraße in Schweinau, die Heinrichstraße in Sankt Leonhard oder die Paulstraße in Lichtenhof.

Die Mathildas und Mathildes von heute können durchaus mit Stolz durch die Mathildenstraße im Rennweg gehen: Zu ihren Seiten haben sich ansehnliche Mietshäuser des Jugendstils und des Nürnberger Stils erhalten. Sie vermitteln ein anschauliches Bild davon, wie es im Stadtteil Rennweg um 1900 aussah. Hier lebten vor allem Angehörige der Mittelschicht und Arbeiter, die in einer der vielen Fabriken des Viertels in Lohn und Brot standen. Fast alle von ihnen sind heute verschwunden; allein einzelne Fabrikgebäude, oftmals zu Lofts umgebaut, und Straßen wie die Adamstraße (benannt nach der chemischen Fabrik J. N. Adam) erinnern daran.

Die Mathildenstraße, aufgenommen zwischen 1905 und 1920 beziehungsweise 2016

Die Mathildenstraße – 1905/1920 und 2016. Fotos: © Konrad Gerstacker (1905/1920, Leihgabe von Werner Jülka) – Boris Leuthold (2016) (cc)

Ein paar Verluste hat aber auch die Mathildenstraße hinnehmen müssen: Das Eckhaus Bismarckstraße 2 (auf beiden Bildern vorne links) wurde 1945 zerstört. Nach dem Krieg entstand es nach Plänen von Architekt Rudolf Böbel neu. Man verzichtete auf die hohen Räume der Jahrhundertwende und baute noch ein zusätzliches Geschoss ein. An die gestalterische Kraft des alten Hauses mit seinem kecken Eckturm kommt der Neubau gewiss nicht heran. Mit seinem vorspringenden Dach und den Eingängen mit Portalvorbauten gehört er aber zu den höherwertigen Zeugnissen des Wiederaufbaus in Nürnberg.

Auch das gegenüberliegende Anwesen Adamstraße 50 hat seinen Jugendstil-Fassadenschmuck verloren. In der fortschrittsgläubigen Zeit nach dem Krieg kam es nicht selten vor, dass man solchen Dekor abschlug, um den Häusern ein „zeitgemäßeres“ Aussehen zu verleihen oder einfach, um die Kosten für eine teure Reparatur zu sparen.

Andere Vorher-Nachher-Bildfolgen von Stadtbild im Wandel

Fotogener Dauerbrenner: Die „Sutte“ des Heilig-Geist-Spitals

Wintertraum aus Schnee und Sandstein: Das Haus Spittlertorgraben 35

Noblesse aus zwei Epochen: Das Anwesen Marientorgraben 9

Blog abonnieren
'Nürnberg und so' Blogfeed abonnieren

Zusätzlich zu dem Podcast stellt 'Nürnberg und so' auch immer wieder begleitende Geschichten und Informationen aus der Metropolregion Nürnberg vor.

Blog-Artikel als RSS Feed abonnieren

Foodtrucks & Street Food
Finde mit Craftplaces Foodtrucks und Street Food

Logo Craftplaces - mobile Unternehmen wie Foodtrucks und Street Food finden

Die besten Foodtrucks und Street Food in deiner Stadt suchen, denn mobile Unternehmen sind immer und überall für dich da. Craftplaces zeigt dir wo und wann sie unterwegs sind.

Du willst nichts verpassen?
Anmeldung E-Mail Newsletter 'Nürnberg und so'

Anmeldung zum E-Mail Newsletter

Sätze für die Ewigkeit
Podcast Nürnberg und so
Der Club ist ein Botschafter für Stadt und Region.
Ulrich Maly in Sendung No. 20
Barrierefreiheit heißt Verbesserung für alle.
Jörg Korinek in Sendung No. 32
Ich durfte mich beim BR sogar Produzent nennen.
Roland Rosenbauer in Sendung No. 31
Letzte Podcast Sendungen
Nürnberg und so

Jörg Korinek / Podcast-Sendung No. 32

Veröffentlicht am 05.05.2015

Den geborenen Göppinger lockte ein Praktikum in die Frankenmetropole. Dem Weg zum Informatik-Studium gingen einige bundesweite Schulaufenthalte voraus, bei denen er Orientierung gewann und diverse…

zur Sendung No. 32

Roland Rosenbauer / Podcast-Sendung No. 31

Veröffentlicht am 11.02.2015

Aus Cadolzburg kommend, finanzierte er sich mit dem "Ruf der Unendlichkeit" oder der "Rache des Knochenmannes" seine Schulzeit. Trotz BWL Studium landete er schließlich beim Jugendfunk des…

zur Sendung No. 31

Aktuelle Magazin-Artikel
Nürnberg und so

Zehn Fragen an Startup Craftplaces aus Nürnberg

Veröffentlicht am 10.02.2019

Mit der Technologie des Startups Craftplaces finden Millionen Street Food Kunden Foodtrucks. Das junge Technologie-Unternehmen strebt an, das in 5 Jahren alle Foodtrucks in Europa und den USA mit…

weiterlesen

Fotogener Dauerbrenner: Die „Sutte“ des Heilig-Geist-Spitals

Veröffentlicht am 28.12.2018

In den letzten Wochen wurde sie wieder zehntausendfach geknipst: Die malerische Westfront des Heilig-Geist-Spitals. Sie ist nicht nur eines der beliebtesten Fotomotive Alt-Nürnbergs, sondern hat…

weiterlesen

Interview zum Afrika Film

Veröffentlicht am 18.12.2018

Eigentlich war das alles ja gar nicht so geplant gewesen – das mit dem so lange bleiben, das mit dem Alleinsein und dem Weg zu sich selbst. Doch die Frage ist, ob man in diesem Leben so etwas…

weiterlesen

Wintertraum aus Schnee und Sandstein: Das Haus Spittlertorgraben 35

Veröffentlicht am 14.12.2018

Bis zum Zweiten Weltkrieg waren prächtige Vorstadthäuser mit Sandsteinfassaden und Vorgärten in Nürnberg ein vertrauter Anblick. Sie vermittelten weltstädtisches Flair, städtebauliche…

weiterlesen