„Extrawurst“ hinter der Veste: Die frühere Villa Petri und ihre Garage
Aktualisiert am 04. Februar 2019 von Sebastian Gulden
Nicht einmal die Villa des Siemens-Schuckert-Chefs war in den Wirtschaftswunderjahren vor der Nachverdichtung gefeit. Nur ein Jugendstilbrunnen im verwunschenen Garten ist von dem Prachtbau an der Pirckheimerstraße geblieben.
Partner > Artikel > Stadtbild
Craftplaces - Finde Foodtrucks in deiner Nähe.
Nürnberg, Fürth, Erlangen, Schwabach - Craftplaces ist die führende Plattform um mobil agierende Unternehmen wie z.B. Foodtrucks zu finden und für Caterings zu buchen. Alle Foodtrucks. Alle Foodtruck-Termine. Alle Foodtruck-Standorte. Rund-um-Catering.
So richtig passt er nicht in sein Umfeld, der gewaltige rosafarbene Block, der sich in unseren Tagen auf dem Anwesen Pirckheimerstraße 11 erhebt. Kaum etwas könnte inmitten der altehrwürdigen Villen, die die Straße säumen, deplatzierter wirken. Erbaut wurde der Komplex, der neben Wohnungen auch Arztpraxen enthält, erst Ende der 1950er Jahre. Der Bau ist ein typisches Kind seiner Zeit und beileibe keine „schlechte“ Architektur. An der Gartenseite sind die Fassaden in Galerien geöffnet.
Wer die Möglichkeit hat, einmal jenen Garten auf der Rückseite des Gebäudes zu blicken, der merkt schnell: Hier muss einmal ein herrschaftliches Wohnhaus gestanden haben. Nur ein prächtiger Brunnen aus Muschelkalk mit sitzenden Putten ist von der Pracht von einst geblieben. Einstmals stand hier eine Villa, deren malerisch gruppierte Baumassen mit neobarockem Schmuckwerk versehen waren, ganz ähnlich jenen an der benachbarten (und noch bestehenden) Villa Pirckheimerstraße 9. Kein Wunder, denn beide Villen stammen von Architekt Peter Rückert, der die Nr. 11 in den Jahren 1897 bis 1898 errichtete.
Bauherr war niemand Geringeres als der Ingenieur Oskar Petri (später Oskar Ritter von Petri, 1860-1944), seines Zeichens Generaldirektor der Siemens-Schuckert-Werke. Fernab der Produktionsstätten, die sich in der Südstadt befanden, genoss der „Chef“ mit seiner Familie die Ruhe und die noble Nachbarschaft in den Gärten hinter der Veste. Für den schwerreichen und angesehenen Ingenieur kein Problem: Er besaß sowohl einen privaten Telefonanschluss als auch ein eigenes Automobil, das ihn zu jeder Tages- und Nachtzeit in den Betrieb bringen konnte. Ab 1923 befand sich die örtliche Zentrale des Unternehmens auch gar nicht mehr so weit entfernt im Anwesen Frauentorgraben 33, direkt neben dem Hotel „Deutscher Hof“. Beim damaligen noch recht geringen Verkehrsaufkommen ein Katzensprung!
Der Neubau der Garage mit Chauffeurswohnung machte anno 1910 einige Schlagzeilen, weil er ausnahmsweise und entgegen dem Bebauungsplan über die Baulinie hinausragen durfte, also mit der Fassade direkt an den Gehsteig anstoßen durfte. Das ging Petris Nachbarn Georg Josef Meier ordentlich gegen den Strich, und ein anonymer Schreiber mutmaßte gar in der Ausgabe der Nordbayerischen Zeitung vom 21. Oktober 1910: „Läßt die Regierung sich immer so gerne auf den ansonsten so steilen und schwierigen Dispensweg locken? Oder handelt es sich hier um eine ganz besondere delikate Extrawurst?“
Gleichzeitig mit der „Extrawurst“, für die ein älteres Doppelhaus weichen musste, gönnten sich Petri und seine Familie eine großzügige Erweiterung des Hauptgebäudes mit Weinkeller, Gartensaal, Gewächshaus und allem Pipapo. Die Planer, das Büro Jakober & Mathys, bezogen dabei ein weitläufiges Rückgebäude mit ein, das der Maurermeister Carl Fröschmann schon 1875 bis 1876 erbaut hatte. Dazu kam ein prächtiger formaler Garten mit Wasserbassin und besagtem Brunnen, dessen Schöpfer wir leider nicht kennen. Die Petris nannten nun ein wahrlich herrschaftliches Anwesen ihr Eigen. Wie passend, dass der bayerische Prinzregent Luitpold Oskar Petri 1910 den persönlichen Adelstitel verlieh.
Als die US-Armee die offenbar kaum beschädigte Villa Petri 1945 beschlagnahmte, sah die Zukunft des Prachtbaus noch rosig aus. Doch leider ereilte ihn schon bald das Schicksal, das so viele Villen und ihre Gärten teilen: Das Grundstück in begehrter Lage war zu verlockend für eine kräftige Nachverdichtung, die hohe Renditen versprach. 1958 fraßen die Bagger im Auftrag der Franken Wohnbau GmbH aus Fürth das neobarocke Schlösschen auf. Heute sitzen die Putten des Brunnens im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Trockenen. Immerhin: Der Garten drumherum ist, wenngleich gänzlich anders gestaltet als im Jahr 1910, bis heute ein Hort der Ruhe, gepflegt und gemütlich.
Andere Vorher-Nachher-Bildfolgen von Stadtbild im Wandel
Fotogener Dauerbrenner: Die „Sutte“ des Heilig-Geist-Spitals
Wintertraum aus Schnee und Sandstein: Das Haus Spittlertorgraben 35