Wöhrd: Die Stadt in der Stadt
Aktualisiert am 04. Februar 2019 von Boris Leuthold und Sebastian Gulden und Stefan Schwach
Unter Nürnbergs Stadtteilen hat und hatte Wöhrd stets eine Sonderstellung: Es besaß eine eigene Befestigung, einen eigenen Markt und ein Wir-Gefühl, das nur wenige andere Viertel für sich beanspruchen können.
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Die große Reichsstadt Nürnberg ging nicht immer pfleglich mit ihrer kleinen Schwester im Osten, dem Marktflecken Wöhrd, um: 1388 und 1552 brannten ihre Truppen den Ort aus strategischen Gründen nieder. 1427 verleibten sich die Nürnberger die Ansiedlung gänzlich ein. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde Wöhrd kurzzeitig eine selbständige Gebietskörperschaft, bis Nürnberg den Markt 1818 erneut eingemeindete. Durch einen Ring von Straßen und die angrenzende, nahezu lückenlose Bebauung mit einigen wenigen Toren, die dem Verlauf der alten Ortsbefestigung folgten, blieb Wöhrd stets etwas von den benachbarten Vororten abgegrenzt und behielt sich so seine städtebauliche Eigenständigkeit und eine eigene Identität.
Ausdruck des Lokalstolzes dieser „Stadt in der Stadt“ war der Wöhrder Markt, der allwöchentlich auf dem Platz vor der Bartholomäuskirche an der Kreuzung der Wöhrder Hauptstraße und der Wassertorstraße stattfand. Leo Mader verewigte ihn 1905 sogar auf einer Ansichtskarte. Die Szenerie für die Marktszene bilden die niedrigen, meist verputzten Wohnhäuser von Alt-Wöhrd. Im Hintergrund ragt ein Bote des Industriezeitalters, der Schornstein der Eisengießerei und Maschinenfabrik Earnshaw & Comp., in den Vormittagshimmel.
Dann kam der 11. August 1943. Kurz nach Mitternacht ging das alte Wöhrd im Bombenhagel unter. 585 Menschen fanden in den brennenden Häusern und Gassen den Tod, viele verzweifelte Bewohner, die von dem Angriff im Schlaf überrascht worden waren, flohen vor dem Feuersturm durchs Wöhrder Tal an die Pegnitz. Bei Kriegsende lag in Wöhrd kaum mehr ein Stein auf dem anderen. Die Pfarrkirche war beinahe dem Erdboden gleich. Der Wiederaufbau berücksichtigte das historische Netz der Straßen, Gassen und Plätze, wenn auch nur zum Teil. Um ausreichend Wohnraum zu schaffen, wurden viele Grundstücke zusammengelegt, die Häuser aufgestockt. Neben Gebäuden verschwanden ganze Gassen von der Stadtkarte. Sie wurden zugunsten des Automobilverkehrs mit anderen Straßen zusammengelegt. Die Tauben- und die Metzgergasse etwa opferte man für den „autogerechten“ Durchstich zwischen Wöhrder Haupt- und Wollentorstraße.
Heute, da der Straßenverkehr dank Verkehrsberuhigung einen Bogen um den Wöhrder Ortskern macht, ist auch von der Geschäftigkeit auf Maders Fotografie nur noch wenig zu spüren. Den Wöhrder Wochenmarkt gibt es schon lange nicht mehr. Viele Läden mussten in den letzten Jahren schließen. Weiteres Ungemach droht für die baulichen Zeugnisse des Wiederaufbaus: Immer öfter wird die feingliedrige Architektur der 1950er und 1960er Jahre durch neue Kunststofffenster und -haustüren beeinträchtigt; Kunst am Bau, die einst Symbol für den Anbruch einer besseren, friedlichen Zukunft war, verschwindet unter Fassadendämmung. Mag vieles vom alten Wöhrd für immer verloren sein – auch das Wöhrd der Nachkriegszeit hat es verdient, dass seine Bauten bewahrt bleiben.
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