Warum Google keinen fahren lässt

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Google Auto fährt selbständig

Hier kann sich der Mensch selbst auf dem Fahrersitz entspannt zurück lehnen. Google arbeitet am selbst fahrenden Auto. Originalfoto: © Derek John Lee / Flickr | Foto bearbeitet: © Daniel Bendl / Nürnberg und so

Google hat Großes vor: Der Suchmaschinenbetreiber will das Auto der Zukunft bauen – und holt sich dafür namhafte Autohersteller mit ins Boot. „Open Auto Alliance“ heißt das Projekt, das Android ins Auto bringen soll. Dabei ist das Endziel nicht nur eine integrierte Unterhaltungselektronik, sondern ein selbstfahrendes, intelligentes Fahrzeug, das den Straßenverkehr sicherer macht. Audi, General Motors, Honda, Hyundai und der Chiphersteller Nvidia forschen nun mit Google an neuen Fahrkonzepten. Die Open Auto Alliance wurde auf der Verbraucherelektronikmesse CES 2014 vorgestellt.

In den 1980er Jahren gab es einen Fernsehstar, der kein Mensch war: KITT, das sprechende, mit einem intelligenten Computer ausgestattete, nahezu unzerstörbare Auto aus der Serie „Knight Rider“. Was damals pure Science Fiction war, ist heute – zumindest ansatzweise – getestet. Google forscht schon seit Jahren an einem Auto, das selbstständig fährt und den Menschen zum Fahrgast macht. Ähnlich wie bei Bahn-, Bus- und Flugreisen könnte der Mensch die Fahrtzeit für andere Dinge nutzen, statt sich auf den Verkehr konzentrieren zu müssen.

Das Google Auto „sieht“ mehr als jeder Mensch

Google Auto während des Tests

Das Google Auto auf dem Testparcours.
Foto: © jurvetson / Flickr

Wer auf Youtube nach „Google Auto“ sucht, findet beeindruckende Demonstrationen des fahrerlosen Autos – sowohl auf schwierigen Parcours bei rasanter Geschwindigkeit als auch im normalen Straßenverkehr. Das Lenkrad bewegt sich wie von Zauberhand selbst. Beschleunigen, Bremsen, Spurenwechsel, Hindernissen ausweichen: Alles kein Problem für den intelligenten Autopiloten. Ein Radar auf dem Dach scannt die Umgebung des Autos – und zwar mit 360-Grad-Rundumsicht. Kombiniert mit einer Kamera und GPS verfügt das Auto über weitaus mehr Informationen, als ein menschlicher Fahrer mit den Augen wahrnehmen kann. Der Bordcomputer wertet die einkommenden Daten blitzschnell aus. Er liest Straßen- und Geschwindigkeitsschilder, weiß zentimetergenau, in welchem Abstand er zum nächsten Auto fahren soll, erkennt auftauchende Hindernisse und gibt Befehle an das Fahrzeug, entsprechend zu reagieren. Ein weiterer Vorteil: Sensoren und Kameras „sehen“ auch im Dunkeln.

Solche Prozesse, vor allem die Bildverarbeitung, erfordern eine hohe Rechenkapazität. Nvidias Prozessor Tegra K1 soll diese liefern. Durch diesen Prozessor kann der Bordcomputer Kamerabilder schnell genug verarbeiten, um das Fahrzeug im realen Straßenverkehr mit unvorhergesehenen Ereignissen wie plötzlich auftauchenden Fußgängern sicher zu steuern. Laut Nvidia bringt der Tega K1 im Vergleich mit früheren Prozessoren bei gleichem Stromverbrauch die zehnfache Rechenleistung.

Chancen: Mehr Sicherheit, bessere Straßenauslastung und Mobilität für alle

Etwa eine Million Menschen sterben weltweit jedes Jahr an den Folgen eines Autounfalls, die Zahl der Verletzten liegt noch viel höher: Die Schätzung liegt bei etwa 40 Millionen. In den meisten Fällen ist menschliches Fehlverhalten die Ursache. Fahrer werden müde, telefonieren, essen, streiten sich im Auto, sie wechseln den Radiosender, fahren unter Alkoholeinfluss, schätzen Geschwindigkeiten oder das eigene Können falsch ein oder werden durch etwas auf der Straße abgelenkt. Oft genügt ein kurzer Augenblick der Unaufmerksamkeit, um einen Unfall entstehen zu lassen. Im Gegensatz zu einem Menschen ist ein intelligentes Bordsystem niemals betrunken, übermüdet oder abgelenkt. Es überschätzt sich nicht und weiß genau, wie schnell es fährt. Es fragt sich nie, ob es an dieser Stelle Vorfahrt hat und verirrt sich dank Anbindung an GPS und Internet nicht.

Doch nicht nur das: Die gesamte vorhandene Infrastruktur könnte, so prophezeien die Entwickler, mit computergesteuerten Autos besser genutzt werden. Die selbst fahrenden Fahrzeuge würden sich dank ihrer Sensoren und schnelleren Reaktionsfähigkeit viel präziser durch den Verkehr bewegen, wodurch sie auf Straßen und Autobahnen wesentlich dichter eingefädelt werden könnten. Dies würde die Kapazitäten des Straßennetzes erhöhen, auch Stau würde der Vergangenheit angehören.

Google Auto Nexus

Der Lexus RX450h wurde von Google für die fahrerlose Auto-Flotte umgerüstet. Foto: © jurvetson / Flickr

Ein weiterer Aspekt ist die derzeitige Parkplatzsituation in den Städten. Die meisten Autos werden immer nur ein oder zwei Stunden pro Tag wirklich gefahren – den Rest der Zeit stehen sie auf Parkplätzen oder in Garagen herum. Könnten sich die Autos selbstständig fortbewegen, wäre ein Szenario denkbar, in dem eine Flotte von intelligenten Autos wie öffentliche Taxis die Menschen da abholen und absetzen, wo sie wollen. Danach würde sich das Auto selbst einen Parkplatz suchen oder den nächsten Fahrgast abholen. Dieses Konzept vereint die Vorteile von öffentlichen Verkehrsmitteln und die Flexibilität und Mobilität eines Autos. Ein eigenes Fahrzeug zu besitzen, wäre nicht mehr notwendig. Mit der Gesamtzahl der Autos würde auch das Parkplatzproblem in den Städten kleiner werden.

Zu guter Letzt könnte ein selbstfahrendes Roboterauto auch Menschen, die an Einschränkungen leiden und derzeit auf einen Fahrer angewiesen sind, eine Mobilität bieten, die ihnen aktuell nicht zur Verfügung steht.

Probleme und Einschränkungen

Schöne neue Autowelt also? So gut sich das alles anhört: Von der Marktreife ist das Google Auto noch weit entfernt. Zu den technischen Herausforderungen gehört, dass die Sensoren und Kameras bei Regen Probleme bekommen. Der Laser kommt mit spiegelnden Straßenoberflächen nicht zurecht: Er kann nassen nicht von trockenem Asphalt unterscheiden. Auch kann der Bordcomputer manche Dinge, die für Menschen ganz normal sind, nicht wahrnehmen und auswerten – beispielsweise Handzeichen eines Verkehrspolizisten, Baustellensituationen und unberechenbares Verhalten von Fußgängern oder Radfahrern im dichten Stadtverkehr.

Zudem weiß jeder, der mit Computern arbeitet, dass es zu Virusbefall, Softwarebugs oder gar Systemcrashs kommen kann. Nicht richtig kalibrierte Sensoren können ebenfalls zum Problem werden.

Computergesteuerte, vernetzte Autos und automatisierter Verkehr bieten auch Cyberterroristen eine Plattform. Hacker, die sich in die Steuerung von Autos einschleusen und Menschen entführen oder Massenunfälle verursachen – ein Horrorszenario.

Auch Datenschützer werden sich einschalten wollen. Die unglaubliche Masse an Daten und Informationen darüber, wer wann wie schnell wo hin gefahren ist, wie lange er wo geblieben ist, welche Musik er in seinem Infotainmentsystem gehört hat, mit wem er im Auto telefoniert und vieles mehr ist mit Sicherheit von großem Interesse für Konzerne, Geheimdienste oder dubiose Firmen, die mit Daten handeln. Soll oder darf sich Google all diese Daten einverleiben können – zusätzlich zu den Daten, die der Konzern schon durch das Internet, Smartphones und Kartographierung von Straßen besitzt? Die Open Auto Alliance ist nur vom Namen her „offen“ – wer eintreten will, muss sich an Googles Spielregeln halten.

Was bringt die nahe Zukunft?

Google Auto Aufbau

Es braucht viel Technik, damit das Google Auto selbst fahren kann. Foto: © Jennifer Morrow / Flickr

Aktuell sind fahrerlose Autos in vier US-Staaten für den Straßenverkehr zugelassen: Nevada, Florida, Michigan und Kalifornien. Voraussetzung ist jedoch, dass ein Mensch mit Führerschein im Fahrersitz sitzt, um notfalls die Kontrolle übernehmen zu können.

Eine breite Akzeptanz erreicht das intelligente Auto erst, wenn es deutlich sicherer, zuverlässiger und fehlerfreier fährt als ein Mensch – und zwar in jeder erdenklichen Situation. Hier steht noch einiges an Arbeit an. Zudem gibt es nicht wenige Menschen, die Auto fahren, weil ihnen das Fahren an sich Spaß macht. Ob Sportwagen- und Oldtimerfans sich mit der passiven Fahrgastrolle anfreunden können, ist abzuwarten.

Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist auch die Finanzierung der vor Technik strotzenden Autos. Ist der Endkunde bereit, einen Batzen Geld für ein Fahrzeug voller Sensoren, Kameras und intelligenten Steuerungssystemen zu zahlen? Oder müssen die Kosten auf verschiedene Träger umgelegt werden, um die Autos für den Endkunden in einem akzeptablen Preisrahmen zu halten? Ideen gibt es einige, beispielsweise könnten die Autos auf ihren Fahrten Daten für Wetterstationen oder Versicherungen sammeln. Ob dies aus Sicht von Datenschützern vertretbar ist, ist wiederum eine andere Frage.

Sebastian Thrun, Professor für künstliche Intelligenz an der Stanford University und federführender Entwickler des Google Autos, hat auf jeden Fall eine klare Vision, seit er seinen besten Freund bei einem Autounfall verloren hatte: Er möchte eine Million Menschenleben pro Jahr retten und wird sich mit diesem Ziel weiterhin der Entwicklung des selbstfahrenden Autos widmen.

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