Winterblue(s). Das Wunder von Rom
Aktualisiert am 04. Februar 2019 von Peter Budig und Ina Niederlich mit Bildergalerie
Es gibt einen Gott! Nicht, dass wir je daran gezweifelt hätten. Aber jetzt sind wir ganz sicher. Eine kleine Kriminalgeschichte hat unsere Pläne für den Tag ordentlich durcheinander gewürfelt. So viel sei verraten: Es gibt ein Happy End, aber dazu später mehr! Petersdom, Castel Sant' Angelo, Piazza Navona, Forum Romanum, Colosseo, Fontana di Trevi... Einen schönen Stadtrundgang hatten wir uns zurechtgelegt. Es gibt schließlich viel, das man in Rom gesehen und erlebt haben muss. Aber – eine Weisheit, die man sich merken sollte: Es kommt immer anders, als man plant.
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Dabei hatte doch heute Morgen alles so gut angefangen. Heiße Dusche, guter Kaffee. Ein Shuttle-Service, der uns für nur 6 Euro (hin und zurück, 2 Personen) vom Campingplatz direkt ins Herz der ewigen Stadt bringt. Die Sonne erfreut uns bereits am frühen Vormittag mit ihren wärmenden Strahlen. Kein Wölkchen trübt den Himmel.
Das Abendmahl auf Großleinwand
Entlang der mächtigen Mauern, die den Vatikan und den Heiligen Vater vor Touristen und pilgernden Gläubigen (Januar zählt hier zur Hochsaison!!!) beschützen, machen wir uns auf, Richtung Petersdom. Das stundenlange Anstehen soll sich lohnen, haben wir gelesen. Wir rechnen also bereits mit großem Andrang. Ein bisschen überwältigt sind wir dann aber doch. Kaum ein Fleckchen auf dem Petersplatz ist unbesetzt. Tausende Menschen drängen sich dicht an dicht, den Blick in Richtung "Basilica S. Pietro" gerichtet. Public Viewing bei der Heiligen Messe zum Dreikönigsfest! Papst Franziskus, "the pope himself", wird bei Abendmahl, Segen, Vater unser - "Pater noster, qui es in caelis..." über vier Großleinwände nach draußen übertragen. Soll ja jeder was von ihm haben! Irgendwie skurril. Aber für uns trotzdem ein echter Gänsehaut-Moment. Die Feierlichkeit, die friedliche Stille, die sich auf dem restlos überfüllten Petersplatz breitmacht. Tausende – versunken.
Drei-Königs-Festzug
Durchbrochen wird die andächtige Ruhe plötzlich von Posaunen-Fanfaren und Hufschlag. Während Papst Franziskus auf der Leinwand seine vatikanischen Mitstreiter mit Küssen auf beide Wangen verabschiedet, reiten Kreuzritter, Könige und deren fahnenschwenkende Gefolgsleute auf den Platz. Sicherlich ein herrliches Schauspiel, das wir angesichts der unzähligen Menschen aus aller Welt, die sich rund um die Absperrung drängen, allerdings nicht richtig verfolgen können.
Mittagessen im Freien
Nicht weit vom Petersplatz entfernt liegt das Castel Sant'Angelo, auf Deutsch die Engelsburg. Einst ein Mausoleum römischer Kaiser, später eine wuchtige Trutzburg der Päpste, unter anderem als Kerker, Gefängnis von Galileo Galilei, ist es seit über 100 Jahren nur noch Museum und gewaltiger Blickfang am Tiber Ufer. Am heutigen Feiertag sind die Menschen hier fast so zahlreich unterwegs wie am Petersplatz. Höchste Zeit ein wenig Raum zu gewinnen – und etwas zu essen.
Direkt hier führt die Engelsbrücke über den Tiber. Überall gibt es die obligatorischen gefälschten Damentaschen und allerlei Tand zu kaufen. Dicht gedrängt schieben sich die Feiertags-Gäste über die Brücke, unwillkürlich presst man seine Habseligkeiten an sich. Warnungen vor Taschendieben gibt es in Rom auf Schritt und Tritt.
Am anderen Tiber-Ufer münden viele kleine Gassen mit Geschäften und Lokalen auf die Lungotevere Tor di Nona, die den Verkehr am Fluss entlang aufnimmt. In einem kleinen Lokal namens O'Pazzariello nehmen wir Platz. Draußen bei Sonnenschein und 16, 17 Grad, Pasta, Pizza, ein Bierchen, Jacke und Pulli abgelegt, was will man mehr.
Der Taschendieb - ein Mythos wird Wirklichkeit
Ein Stündchen vergeht, vielleicht eineinhalb. Dann raffen wir uns auf, wir wollen doch Ina an der Fontana di Trevi fotografieren. Nur war meine Tasche weg. Mein schöne Freitagtasche mit den Frankreich-Trikolorifarben. Ein Geschenk von einer allerbesten Freundin. Mit, noch schlimmer, meiner Brille, meiner Brieftasche, UND dem Autoschlüssel. Keine Sekunde hatten wir den Platz allein gelassen, die Tasche war unterm Tisch verstaut, getrennt waren wir zur Toilette gegangen. Aber die Tasche war zweifellos weg. Mehr Nichts war nie. Was jetzt?
Die Rangfolge - und "Danke"
Ich weiß nicht, wie es Euch geht. In solchen Momenten habe ich die Wahl. Ein Teil von mir will weinen, schreien ob der Ungerechtigkeit, dass irgendwer Meins einfach nimmt, es mit gierigen Fingern auf Nützlichkeit prüft. Mich auflösen in Schmerz. Gleichzeitig kommt grenzenlose Wut in mir hoch. Ich will - Rache. Töten. Auf einer anderen Spur meines Bewusstseins meldet sich ein ruhiger Geist, der sehr sicher sagt, dass jetzt nicht die Zeit für große Gefühle ist. Meistens siegt er. Gott sei Dank. Die Notwendigkeiten waren jetzt: Bankkonto sperren (solange noch Strom am Handy). Campingplatz aufsuchen, Fahrzeug sichern. Zugang zum Fahrzeug ohne Schlüssel - neu herstellen. (Einen Ersatzschlüssel für die Tür - nicht das Zündschloss - gab es, IM Auto). Zündschlüssel besorgen - vom Hersteller Dethleffs, der uns den Globebus für die Journalistenreise geliehen hat.
Einschränkende Wirklichkeit: Es ist 16 Uhr und Dreikönigstag. Es folgt jetzt eine Abfolge von glücklichen Umständen, die man nicht mehr mit "einen Strahl haben" abtun kann. Ich nenne so etwas "wenn die Götter mit dir sind". Aber ich bin mir nicht sicher, ob Francesco vom Petersplatz das gutheißen würde. Also den Plural. Egal. Merci. An dieser Stelle. Merci mes Dieux.
Die netten Einbrecher
Beim Campingplatz die erste Erleichterung: Der Bus noch da! (Hintendran, ganz hintendran war ja immer die Angst, vor der großen diebischen Inszenierung. Was wirklich zu holen gewesen wäre, war der nagelneue Bus. 50.000 Euro. Am Empfang sitzt die nette junge Frau, die gut Englisch spricht, total freundlich ist und süß ausschaut. Unsere Schilderung der Not löst sofort pragmatische Überlegungen aus. Und wieder ist es ein Giovanni, der hilft. Ein Giovanni, der zum technischen Hauspersonal des "Camping Village Roma" gehört und bereit ist, "es zu versuchen. Wenn wir willens sind, Verantwortung für Schäden am Fahrzeug zu übernehmen." Giovanni fährt mit seinem lautlosen Elektromobil mit uns zum Globebus. Er checkt routiniert ein paar Optionen. Hier und da. Es ist am End‘ kein großes Ding. "Glernt is glernt", sagt Ina. 15 Minuten höchstens. Keine Kratzer. Keine Schäden . Freier Eintritt. Keine weiteren Tipps von uns an dieser Stelle.
Die wunderbare Emanuela
Emanuela Gismondi ist eine attraktive, schlanke Römerin. Vielleicht Anfang Jahrgang 1960. Sie wohnt in einem römischen Haus am Ende einer Nebenstraße der Via Paola im dritten Stock eines unscheinbaren, fast ein wenig abgewanzten Hauses. Ihre geräumige Wohnung zeugt dagegen von Geschmack, Bildung, Weltläufigkeit und Wohlstand. Hohe Räume, viele Bücher, Zeitungen, CDs, schöne Teppiche, Fauteuils; ein Traum, absoluter Traum von einer Wohnküche. Ihr beruflicher Werdegang zeugt von Engagement, Lebensweisheit und der Fähigkeit mit den Brüchen des Lebens etwas anzufangen. Ich bewundere das.
Sie war etwa 25 Jahre Strafverteidigerin in Rom. Ein harter Job, der ihren Gesichtszügen nichts angetan hat. Irgendwann lief die Ehe nicht mehr gut. Viele Probleme. Man trennt sich und Emanuela verspürt den Wunsch, dem Leben eine grundsätzliche Wende zu schenken. Sie hört auf, Anwältin zu sein und entwickelt berufliche Optionen aus ihrer zweiten Leidenschaft. Sie ist bereits Sommelière (eine professionelle Weinkennerin) und eine mehr als ambitionierte Hobbyköchin. Ihre neue Profession nennt sie "Chefin". Sie kocht für besondere private Gelegenheiten auf höchstem Niveau. Mal in Italien und monateweise in Panama. Sie hat einen sehr attraktiven Lebensgefährten mit einnehmenden Lachfältchen und schönen grauen Haaren. Sie hat gute enge Freunde. Ihr Bruder, seine Frau aus Pennsylvania, deren Sohn, ... Emanuela G. und ihre Freunde, die schöne Wohnung im Zentrum Roms, weniger als zwei Kilometer vom Petersdom entfernt, haben wir kennengelernt, weil folgendes geschehen ist:
Die nächste Stufe des Glücks
Als alle Konten gesperrt waren, das Wohnmobil neu betreten war, kehrt eine gewisse Routine ein. Wir laden Handys wieder auf, checken SMS, rufen Freunde und Verwandte an, um zu beruhigen. Dann finde ich diese Mail im Posteingang:
Hi mister Budig,
my name is Emanuela, I've find on the street your document...I tryed to contact you on mobile but is impossible.
If you receive this mail contact me on my mobile…
best regards
Emanuela
Emanuela, deren Wohnung in einer engen Sackgasse liegt, wo die rührigen römischen Diebe gerne die unverwertbaren Reste ihrer Raubzüge ablegen, fand meine Tasche unter einem geparkten Auto. Bargeld, Foto und Handy hatte ich bei mir. Also fehlt „nur“ meine teure Brille und eine Bankcard, die ich gesperrt habe. Der Autoschlüssel, meine Papiere, Reisenotizen, die Tasche an sich, sind vorhanden. Emanuela lädt uns ein, wir trinken Wein, erzählen unsere Geschichten. Es ist spät geworden, bis wir heim gekommen sind, zum Globebus. Bis alle Geschichten geschrieben waren.
So ist das Leben: Diebe und Wohltäter. Sie wohnen nebeneinander. Wir fahren weiter. Danke, Emanuela! Hope to see you again. Morgen mehr.
Nächste Etappe: Surprise, Surprise