Neujahrsgrüße aus der Südstadt: Die Schuckert’sche Siedlung
Aktualisiert am 03. Januar 2017 von Stefan Schwach
Auf Initiative des Bauvereins Schuckert’scher Arbeiter entstand ab 1898 im Süden Nürnbergs eine Mustersiedlung moderner Arbeiterwohnungen. Noch heute begeistert sie durch das viele Grün und ihre abwechslungsreichen Fassaden.
Das Gebäude in der Siemensstraße 10, das ich heute in unserer Vorher-nachher-Bilderschau zeige, wurde um 1900 durch den damaligen Bauverein Schuckert’scher Arbeiter erbaut, aus der später die heutige Wohnungsgenossenschaft Sigmund Schuckert hervorging. Seit den 1930er Jahren handelt es sich um eine offene Genossenschaft. Vorher war es nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Nürnberger Siemens-Schuckertwerke und der Berliner Siemens & Halske AG möglich gewesen, dort Wohnraum anzumieten.
Namensgeber des Bauvereins war Sigmund Schuckert (1846–1895). Der früh verstorbene Nürnberger Pionier der Elektrotechnik hatte schon in den Gründerjahren sehr viel für seine Arbeitnehmer geschaffen, unter anderem eine Pensionskasse für Witwen und Waisen, eine betriebliche Weiterbildung, eine Krankenkasse, eine Konsumanstalt etc. Aufgrund der außergewöhnlichen Wahrnehmung seiner sozialen Verantwortung wurde er von seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern „Vater Schuckert“ genannt.
Mit dem umfangreichen Wohnungsbau setzte der Bauverein Sigmund Schuckert ein Denkmal, das im Deutschen Reich Vorbildcharakter hatte. Die Wohnungen boten genügend Raum, Licht und zeitgemäße sanitäre und elektrische Installationen, damals ein Novum für die Arbeiterklasse. Bei der Planung achtete man darauf, keine kasernierte Wohnanlage zu schaffen, und mit den wechselnden Fassaden entstanden wunderbare Straßenzüge und Wohnblöcke im Stil des Neobarock und der Neorenaissance. Weite Teile der Anlage, die sich etwa im Bereich zwischen Schuckert-, Volta-, Sperber- und Gugelstraße befindet, stehen heute als Ensemble unter Denkmalschutz.
Die Gebäude in der Nürnberger Südstadt wurden im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört und in den Nachkriegsjahren meist orignalgetreu wiederaufgebaut. Heute sind die Häuser der Wohnungsgenossenschaft Sigmund Schuckert eG ein gutes Beispiel für behutsam sanierten Altbau und bieten mit ihren begrünten Innenhöfen und Gärten hohe Wohnqualität zu günstigen Mietpreisen.
Die Wohnungsgenossenschaft bietet heute mit rund 3.000 Wohnungen und Einfamilienhäusern sehr vielen Menschen eine Heimat. Die Genossenschaft arbeitet kostendeckend und nicht gewinnorientiert wie städtische Wohnbaugenossenschaften und achtet darauf, die Mietpreise für ihre Mitglieder im günstigen Rahmen zu halten. Außerdem investiert die Genossenschaft jeden übrigen Cent in die Sanierung und Renovierung des Bestandes. Die Stadt Nürnberg würde das herrschende Wohnungsproblem leichter lösen, wenn auch den Wohnungsbaugenossenschaften günstiges Bauland überlassen würde.
Was das Bild noch erzählt
Vor ziemlich genau 96 Jahren, am 30. Dezember 1920, sandten der Kontorist Andreas N. und seine Frau die historische Ansicht ihres Zuhauses in der Siemensstraße 10 – sie wohnten im ersten Obergeschoss rechts – an eine gewisse Marianne (genannt „Marie“) und ihre Familie aus Glockenhof:
„Liebe Marie
Deine Karten haben [wir] erhalten und danken dir bestens. Wir haben dich nicht vergessen und lange Zeit nicht gesehen und des öftern schon von dir gesprochen. Wir wünschen dir und deiner Familie viel Glück zum Neuen Jahr.“
Den guten Wünschen zum Neuen Jahr schließen meine Co-Autoren Boris und Sebastian und ich uns gerne an und wünschen unseren Leserinnen und Lesern alles erdenklich Gute für das Jahr 2017!
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