Mittelalter erleben: Die Cadolzburg wird wiedereröffnet
Aktualisiert am 11. Juni 2017 von Lisa Schürmann
Wer unterwegs ist nach Cadolzburg, sieht sie schon von weitem: die mächtige Hohenzollernburg. Sie ist Namensgeberin und bekanntes Wahrzeichen des traditionsreichen 10.500-Einwohner Städtchens im Landkreis Fürth.
In den letzten Jahrzehnten wurde die 1945 stark zerstörte Burg umfangreich renoviert und wiederaufgebaut. Insgesamt mehr als 40 Millionen Euro wurden in die Sanierung und den Museumsausbau investiert. Am 23. Juni 2017 ist es nun soweit: Die Cadolzburg öffnet ihre Pforten. Auf rund 1.500 m² Ausstellungsfläche können die Besucher der Dauerausstellung „HerrschaftsZeiten! Erlebnis Cadolzburg“ künftig das Leben im Spätmittelalter kennenlernen.
Der Kunsthistoriker Sebastian Karnatz betreut für die Bayerische Schlösserverwaltung die Museumkonzeption der Cadolzburg samt der „HerrschaftsZeiten“-Ausstellung.
Seit über vier Jahren sind Sie als Kurator für das „Erlebnis Cadolzburg“ tätig. Was sind Ihre Aufgaben?
Gemeinsam mit meiner Kollegin Dr. Uta Piereth bin ich für die inhaltliche Konzeption des „Erlebnismuseums Cadolzburg“ zuständig. Das war und ist eine spannende Herausforderung, denn wir entwickeln nicht nur eine einzelne Sonderausstellung, sondern ein ganzes neues Museumskonzept. Welche inhaltliche Richtung soll das Museum haben? Wie bereiten wir die Themen auf? Und mit welchen Kooperationspartnern setzen wir unsere Ideen um? Das sind Fragen, mit denen wir uns in den letzten Jahren auseinandergesetzt haben.
Was gefällt Ihnen besonders an Ihrer Tätigkeit für die Cadolzburg?
Ich bin ein großer Fan der Schlussphase, in der wir uns ja gerade befinden. Am 23. Juni eröffnet die Burg und bis dahin ist noch viel zu tun. Das ist im Moment eine anstrengende, aber auch unglaublich beflügelnde Zeit.
Kurz zusammengefasst, was macht für Sie die besondere historische Bedeutung der Cadolzburg aus?
Die Cadolzburg ist seit dem Jahr 1250 stetig erweitert worden. Das ist spannend und dennoch nicht ungewöhnlich für Burgen aus dieser Zeit. Im Spätmittelalter jedoch erlangte die Burg einen ganz gewichtigen Rang: Ihre Besitzer, die hohenzollerischen Burggrafen von Nürnberg, verlegten ihren Hauptsitz von der Nürnberger Burg auf die Cadolzburg. Von hier aus schafften die Hohenzollern den Sprung vom Burggrafenamt zur Kurfürstenwürde. Sie waren damit eine der sieben Königswähler-Dynastien des Heiligen Römischen Reiches. Diese spannende Epoche, die Zeit des Spätmittelalters, ist es auch, die wir mit dem „Erlebnis Cadolzburg“ beleuchten.
Ende des Zweiten Weltkrieges, im Mai 1945, wurde die Burg zu großen Teilen zerstört. Wann wurde mit dem Wiederaufbau begonnen und welche Pläne hatte man damals?
Im Jahr 1979 beschloss der bayerische Landtag, dass die Cadolzburg wiederaufgebaut werden sollte. Die Burg war damals in einem desolaten Zustand. Über Jahrzehnte hatte sie kein Dach und viele Zwischenwände waren eingestürzt. Die beschlossenen Restaurierungsmaßnahmen der Fassaden wurden in den 1990ern abgeschlossen. Um die Jahrtausendwende gab es Pläne, das Deutsche Burgenmuseum in der Cadolzburg anzusiedeln. Die damals beteiligten Parteien konnten sich jedoch auf kein gemeinsames, tragfähiges Konzept einigen. Das Deutsche Burgenmuseum befindet sich heute auf der Veste Heldburg in Thüringen. Vor zehn Jahren wurden die Renovierung von Erdgeschoss und erstem Obergeschoss sowie die Errichtung der Außenanlagen abgeschlossen. In den Jahren 2011 / 12 begann dann schließlich die Arbeit am „Erlebnis Cadolzburg“, an einem Museumskonzept für die gesamte Burg.
Die Besucherinnen und Besucher erwartet mit dem „Erlebnis Cadolzburg“ nicht nur ein „normales“, historisches Museum. Sie werben vielmehr damit, dass man die Geschichte der Hohenzollern lebendig erleben kann. Wie setzen Sie das um?
Ein Beispiel für „lebendige Geschichte“ ist unser Multimedia-Guide. Solche Guides gibt es heutzutage natürlich in vielen Museen, wir haben das Projekt jedoch von Anfang bis Ende strukturiert durchdacht und die Entwicklung ganz engmaschig betreut. Dadurch ist ein sehr nutzerfreundliches Angebot entstanden. Jeder Raum kann auf eine andere Art entdeckt werden. Das Medienbüro „bauer und bauer“ aus Nürnberg hatte dabei die Gesamtleitung und das Büro „Reunion Media“ aus Emden entwickelte für den Guide spezielle Augmented-Reality-Elemente. Neben dem Multimedia-Guide werden die Besucherinnen und Besucher auch von unserem Projekt der „O-Töne“ durch das Museum begleitet. An einzelnen Stationen kann man in die Originalquellen hineinhören und der frühneuhochdeutschen Sprache lauschen.
Gibt es spezielle Angebote für Kinder, wenn ich mit der ganzen Familie die Burg besichtigen möchte?
Es gibt natürlich besondere Führungen für Familien und Angebote für Schulklassen. Darüber hinaus war es uns wichtig, Kinder und ihre Interessen ernst zu nehmen und sie in unser Museumskonzept zu integrieren. Viele Stationen sind intuitiv und in einfacher Sprache gestaltet. Sie sprechen Kinder wie Erwachsene gleichermaßen an. Das Planspiel „Kleine Bauforscher“ ist ein schönes Beispiel für kindgerecht aufbereitete Denkmalpflege: Kinder und Erwachsene können sich dort selbst als Bauforscher erproben. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren haben im Museum übrigens freien Eintritt.
Am Freitag, den 23. Juni wird die Burg feierlich mit einem Staatsempfang eröffnet. Was erwartet uns an diesem Wochenende und im Laufe des Sommers?
Richtig los geht es am Samstag, den 24. Juli, mit einem „Tag der offenen Tür“. Am Sonntag und in den Wochen danach bieten wir zahlreiche Führungen, Workshops, Theaterangebote, Konzerte und Lesungen an. Da dürfte für alle etwas dabei sein.
Haben Sie einen besonderen Tipp, was ich in den nächsten Monaten nicht verpassen darf?
Worauf ich persönlich mich besonders freue, ist das Wochenende vom 9. und 10. September. Der renommierte Lichtkünstler Ingo Bracke wird die Burg in Licht und bewegte Bilder tauchen. Ab 18 Uhr heißt es dann an zwei Abenden: „Cadolzburg leuchtet“.
Lieber Herr Dr. Karnatz, vielen Dank für das Gespräch und eine erfolgreiches Eröffnungswochenende.
Mehr Informationen zur Cadolzburg finden sich auf der Website der Burg.