Dag Encke in Podcast-Sendung No. 18
Sendung No. 18, veröffentlicht am 08. Januar 2014 von Daniel und Markus / Google+
Dag Encke, der Direktor des Tiergartens Nürnberg im Gespräch mit uns über Tiere, neue Gehege und Planungen und wie man einen Tiergarten organisiert.
Heute sind wir am Rande des Lorenzer Reichswaldes. Unser Gesprächspartner studierte Biologie in Gießen und machte sein Diplom in Genetik. Er lernte die Moskauer U-Bahn auch von innen kennen und blickt mit Ehrfurcht auf die Taxifahrer der russischen Hauptstadt zurück. Für Ihn sind 3 Tage Karneval in Köln wie 3 Wochen Urlaub. Hier ist der promovierte Tierphysiologe, der ehemalige Kurator des Allwetterzoos Münster und heute leitender Direktor des Tiergartens Nürnbergs, herzlich willkommen Dag Encke
Dort, wo es bei Sonnenschein vor Menschenmassen nur so wimmelt, ist es nach 18 Uhr eines Winterabends still und dunkel. Wo sich lange Schlangen vor der Kasse bilden und man sich vor dem Einlass noch mit Bollerwagen und Riesen-Laugengebäck ausstatten kann, begrüßte uns der Direktor vom Tiergarten Nürnberg Dr. Dag Encke und bat uns herein. Auf dem Weg in die obere Etage über der Kasse des Tiergartens gingen wir an Gemälden und Postern mit Tieren unterschiedlichster Art vorbei um schließlich in den warmen Räumlichkeiten des Büros von Dag Encke unsere Audio-Technik aufzubauen.
Vorm Schreibtisch von Dag Encke fanden sich neben einer riesigen Bücherwand auch diverse Kisten mit gerollten Plänen. So wähnten wir uns zunächst eher im Büro eines Architekten als in dem eines Tiergartendirektors. Auch das Modell eines Gebäudes bestätigte diesen ersten Eindruck. So falsch lagen wir gar nicht. Selbstverständlich gehört zu den Aufgaben von Dag Encke viel Verwaltung, Organisation und Finanzplanung. Dinge also, mit denen sich wohl jeder Chef auseinandersetzen muss. Immerhin gilt es einen wirtschaftlichen Betrieb mit 120 Mitarbeitern am Laufen zu halten.
Dass der Tiergartenleiter allerdings auch direkten Einfluss auf die Gestaltung von Tiergehegen und anderen Umbau- und Neugestaltungsmaßnahmen nimmt, hätten wir nicht erwartet. Und so kamen wir auch direkt auf besagtes Modell zu sprechen. Dabei handelt es sich um das ehemaliger Flusspferdhaus des Tiergartens Nürnberg. Dieses Gebäude wird mit Fokus auf die energetische Sanierung in ein riesiges begehbares Terrarium verwandelt. Dieses neuartige Konzept wird es künftig Besuchern des Nürnberger Tiergartens ermöglichen zwischen Käfern, Schildkröten, Echsen und anderen Kleinsäugetieren in einer wüstenähnlichen Umgebung die Tierwelt zu entdecken.
Auf die berechtigte Frage von Markus, wie man es denn gewährleisten möchte, dass die Käfer auch dort bleiben meinte Dag Encke "Indem wir sie erziehen" und fügte an, das man in der Tiergärtnerei von erziehen spricht, wenn man den Tieren ihre Komfort- und Temperaturzonen so einrichtet, "dass diese genau dort bleiben, wo wir sie haben wollen". Konkret wird es sich bei den Käfern um Pillendreher handeln, die zu den persönlichen Favoriten von Dag Encke im Tierreich gehören.
An den Modellen und Plänen arbeitet Dag Encke jedoch nicht allein. Mit Unterstützung eines in Amerika lebenden Zoo-Designers arbeitet Dag Encke und sein Team eng zusammen. Dies sind nachvollziehbar nicht immer nur persönliche Treffen sondern vielmehr digitale Zusammenarbeit mit Hilfe von Videotelefonie. Ein Grundprinzip wird seit der Gründung des Nürnberger Tiergartens von allen Zoodirektoren verfolgt: Der Nürnberger Tiergarten ist ein Landschaftszoo und darum sind große Gebäude-Neubauten nicht gewünscht. "Die Landschaft darf nie verloren gehen. Bei allem was wir tun muss der Landschaftscharakter erhalten oder besser noch betont werden" fügte Dag Encke an. Gerade beim Neubau der Lagunenlandschaft war dieses Grundprinzip auch die größte Herausforderung. Das Gebäude für die Wasseraufbereitung ist das größte Gebäude, welches jemals im Tiergarten Nürnberg gebaut wurde. Der 150 Meter lange dreistöckige Neubau wurde darum auch unterirdisch angelegt. Das Konzept des geschickten Versteckens solcher Bauten wurde schon 1939 beim Raubtierhaus verfolgt. Dort läuft man durch einen langen Felstunnel und die Raubtiere selbst können in einer Art Felskrater beobachtet werden.
Die Zukunft des Nürnberger Tiergartens in drei Buchstaben: WWW. Damit ist nicht etwa das Internet gemeint. In Zukunft soll das Thema Wald noch mehr fokussiert werden. Schließlich ist der Tiergarten Nürnberg schon auf Grund seiner Lage prädestiniert dafür, denn der Reichswald umarmt das Tiergartengelände förmlich. Außerdem spielen die zwei Themen Wasser und Wüste noch eine tragende Rolle in den Planspielen des Tiergartendirektors Dag Encke. Spannend empfanden wir vor allem die Einbeziehung weiterer Waldflächen. Außerhalb des Tiergartengeländes gehört dem Nürnberger Tiergarten noch ein sogenannter Bannwald. Dieser darf zwar für die Tierhaltung nicht genutzt werden, soll aber künftig mit einem Baumwipfelpfad den Tiergartenbesuchern zugänglich gemacht werden. Auf die genauen Pläne dieses Pfades in den Baumkronen durften wir nach der Aufzeichnung der Sendung No. 18 schon einen exklusiven Blick werfen. Da die Details noch geheim sind, gibt es an dieser Stelle auch keine Fotos dazu.
Im Weiteren haben wir uns mit Dag Encke über die Tierbeschaffung und den Austausch von Tieren mit anderen Zoos unterhalten. Dabei ging Dag auch auf die wichtigen Zuchtprogramme ein, die es im engen weltweiten Austausch erst ermöglichen bestimmt Tierarten vor dem Aussterben zu bewahren. Natürlich haben wir auch das Thema Tierschutz angesprochen, welches im Tiergarten Nürnberg das letzte mal im Zusammenhang mit dem Bau der Lagunenlandschaft starke öffentliche Aufmerksamkeit gewann.
Nach zahllosen Besuchen im Nürnberger Tiergarten hat das Gespräch mit Dag Encke dazu beigetragen, vieles bei den kommenden Tiergarten-Rundgängen neu zu betrachten und neu zu entdecken. Seine Begeisterung für die Tier- und Pflanzenwelt kam auch im weiteren Gesprächsverlauf zum Ausdruck. Auf die Frage, welches sein Lieblingstier sei, antwortete Dag Encke mit "Jedes Tier mit dem man sich beschäftigt, wird automatisch in dem Moment zum Faszinierendsten, was man kennt" einerseits sehr diplomatisch, andererseits spricht daraus, dass er seinen Beruf nicht nur liebt sondern auch lebt. Wir danken hiermit nochmals für das spannende Gespräch und wünschen Dag Encke und dem Tiergarten Nürnberg viele interessierte Besucher und schließen mit dem ganz persönlichen Tipp an unsere Leser und Hörer: Geht nicht nur bei Sonnenschein und blauen Himmel in den Tiergarten Nürnberg. Raus aus der Komfortzone und auch mal bei vermeintlich schlechtem Wetter mit Sack und Pack raus in den Osten Nürnbergs.
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