Sven Kuntzsch in Podcast-Sendung No. 28
Sendung No. 28, veröffentlicht am 04. November 2014 von Nürnberg und so / Google+
Sven Kuntzsch war als DDR Flüchtling im ersten Bus, der Deutschland erreichte, heute erklimmt er Felswände und erforscht Höhlen.
Er träumte von einer Tischlerlehre an der Semperoper in Dresden, flüchtete jedoch noch vor der Grenzöffnung mit seiner Familie aus der DDR in die BRD. Auf dem heiligen Berg Atos dachte er viel über sich und das Leben nach, schlug jedoch das Angebot der Mönche zum bleiben aus. Stattdessen wurde er Krankenpfleger und baute mit seinem besten Freund einen Kletterwald. Hier ist der Mann, der Felswände erklimmt, Höhlen erforscht und Bäume umklammert: Herzlich Willkommen Erlebnispädagoge und Kletterexperte Sven Kuntzsch.
Abseits jeder Zivilisation wähnten wir uns zur Aufzeichnung unserer 28. Podcast-Sendung mit dem Kletterexperten Sven Kuntzsch. In einer kleinen hölzernen Blockhütte waren wir im Waldgebiet zwischen Wendelstein und Allersberg nahezu allein. Wäre nicht das Klappern der Kletterausrüstung eines spätabendlichen Firmenausflugs zu hören gewesen, hätte dieser Eindruck wohl Bestand gehabt. Akustische Unterstützung erhielten wir durch den brunftigen Hirsch Alfred. Denn der junge Kletterwald von Sven liegt direkt neben dem Wildgehege Faberhof.
Die friedlichen Proteste in der ehemaligen DDR sowie der Fall der Mauer jähren sich nun bereits zum 25. mal. Noch vor diesem historischen Ereignis flüchtete der geborene Dresdner Sven Kuntzsch mit seiner Familie über Ungarn in die BRD. Viele Freunde und Bekannte durften im Vorfeld nicht über den geplanten Ausreiseversuch eingeweiht werden. Schließlich bestand die Gefahr entlarvt und mit entsprechenden Strafen belegt zu werden. Im Alter von 16 Jahren gerade mit der Schule fertig ging es mit dem jüngeren Bruder und Eltern zu einem einwöchigen Urlaub nach Budapest. Dort meldeten sie sich im Auffanglager und diskutierten die verschiedenen Möglichkeiten zur Flucht. Letztlich saßen sie in einem der Busse, die über die Grenze nach Österreich fuhren. Über die emotionalen Momente erzählt Sven Kuntzsch im Podcast.
schon plante er seine Flucht!
Nach Österreich ging es weiter nach Passau mit Übernachtung in einer Bundeswehr-Kaserne. Weiter führte Sven Kuntzsch und seine Familie der Weg nach Nürnberg (mit Übernachtung in einem der Grundig-Hochhäuser) und schließlich ins Übergangswohnheim in Fürth. Nach einer Lehre als Heizungs- und Lüftungsbauer sowie einer kaufmännischen Ausbildung kam Sven schließlich über eine Freundin zum Krankenpfleger-Beruf und über den besten Freund Martin zum Klettern.
Der zwei Hektar große Kletterwald Straßmühle liegt im Faberwald, einem bei der Familie Faber (Castell) gepachteten Waldstück. Eine halbe Stunde braucht es von Nürnberg um inmitten von Bäumen verschiedene Herausforderungen zu meistern. Dabei bewegt man sich in Höhen von ein bis zwölf Metern – immer abgesichert mit Klettergurten und moderner Sicherungstechnik. Sollte man einmal die eigene Leistungsfähigkeit erreicht haben, kommt einer der ausgebildeten Trainer aus Sven Kuntzschs Team hinzu, hilft beim Bezwingen des Parcours oder beim Abseilen. Selbst die kleinsten Kletterwilligen haben die Gelegenheit ihren Mut zu beweisen. Der kleine Wichtelweg ist dafür der richtige Einstieg.
Etwas ganz Besonderes ist das Befestigungssystem im Kletterwald Straßmühle. Sven berichtete uns, dass früher und noch heute in vielen Kletterparks der Baumstamm zur Befestigung der Kletterplattformen und Halteeinrichtungen durchbohrt oder durch eine Art Wickelung eingeengt wird. Zum Schutz des Baumbestandes als essentielle Grundlage jedes Kletterwaldes hat sich Sven Kuntzsch mit seinem Freund und Mitbetreiber Martin Wölfel etwas einfallen lassen. Die Technik ist quasi dem Sanitärbau entlehnt. Mit Hilfe von Schellen sind die Kletterelemente am Baum gesichert. Da der Baum von Jahr zu Jahr an Umfang zulegt, lassen sich diese Schellen an die natürliche Ausbreitung anpassen und verhindern beispielsweise, dass der Baum die künstliche Umklammerung überwuchert.
Wie Bäume ummantelt werden!
Der Kletterwald ist für Sven die perfekte Möglichkeit seine Erfahrungen im Bereich Erlebnispädagogik einzubringen. Hierzu hat er nicht nur einige Kurse besucht, sondern kann vor allem durch seine Arbeit in der Kinder- und Jugendpsychiatrie viele praktische Erfahrungen vorweisen. Auch aktuell begleitet Sven Kuntzsch noch viele Projekte der Erlebnispädagogik, da er neben der Arbeit im Kletterwald Straßmühle noch eine 25-Prozent-Stelle in der Erwachsenenpsychiatrie am Nürnberger Klinikum hat und beides sich perfekt ergänzt. Details aus dieser interessanten Arbeit erzählt Sven aus seiner ganz persönlichen Perspektive.
Gerade 40 Jahre alt hat Sven Kuntzsch schon jetzt ein sehr belebtes Leben hinter sich und scheint gerade erst Fahrt aufgenommen zu haben. Für ihn und sein Projekt den Kletterwald Straßmühle wünschen wir bestes Wetter und ein großes kletterinteressiertes und naturverbundenes Publikum.
Hinweis: Wir danken Christian Hieke für das neue In- und Outro und Susanna „Susi“ Müller auch bekannt als „erotischste Stimme Deutschlands“ für den Einleitungstext. Wer mehr über beide erfahren möchte, der muss sich noch etwas gedulden. Wir stellen beide in einem gesonderten Artikel vor. Von unserer Seite aber schon einmal einen herzlichen Dank für die Mithilfe.
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