Radfahren, die Alternative zu den Öffentlichen
Der Drahsesel wird zunehmend in allen Gesellschaftsschichten erneut en vogue.
Aktualisiert am 04. Februar 2019 von Benjamin Männel
„Schon ist klar, wie das Fahrrad gewaltig auf die Zustände der Menschen einwirken, wie es das Aussehen der Städte und viele Bedingungen unseres Lebens verändern muss“ schrieb Theodor Herzl 1896 in der "Neuen Freien Presse" und dieser Satz ist noch immer aktuell. Nach dem Autoboom des Fordismus und der letzten Jahrzehnte sind viele Menschen ernüchtert über verstopfte Verkehrsadern in den Städten und immer weiter steigende Benzinpreise.
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Auch die Verantwortlichen für Stadtplanung vieler deutscher Großstädte haben erkannt, das die Zukunft des Verkehrs in den Städten wieder zunehmend durch Radverkehr geprägt werden muss. Nur so lassen sich die anstehenden Probleme lösen. Was seit den 70er Jahren als Fortbewegungsmittel von in Jute und Hanf gewandeter Ökohippies und Klischeestudenten galt, wird zunehmend in allen Gesellschaftsschichten erneut en vogue.
Mit Projekten wie "Nürnberg steigt auf" möchten Verkehrsplaner die Bevölkerung sogar ermutigen, sich mehr auf das Zweirad zu verlassen. Auch Theodor Herzl kannte Ressentiments gegen das Radfahren; "Es waren allzu muntere Leibesübung junger Burschen oder lächerlicher Sportnarren" heißt es im oben genannten Artikel weiter. Den Skeptikern zum Trotz hat sich das Rad weitgehend etabliert. Das derzeitige Revival ist auch Anlass zu diesem Text.
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Was macht den Reiz des Fahrrads aus?
Was ist es, das ein vergleichsweise langsames und simples Verkehrsmittel neben dem Auto oder dem Öffentlichen Nahverkehr bestehen bleiben lässt? Zunächst galt das Rad in gewissen Gesellschaftsreisen weniger als Fortbewegungsmittel, als vielmehr ein Sportgerät oder ein Apparat, den man in der Freizeit nutzte, um sich zu amüsieren. Doch schnell entwickelte sich das Rad in den Städten zu einem alltäglichen Vehikel. Relativ erschwinglich und leicht zu reparieren war es ideal für alle Städter. Bei den Arbeitern war das Rad besonders beliebt. 1936 fuhren in den Großstädten zwischen 43 und 61 Prozent der Arbeiter mit dem Rad in die Fabrik. Seit 1957 ist Hercules, der Name des in Nürnberg gegründeten Fahrradherstellers, eng mit der Stadt verbunden. Auch, wenn mittlerweile in Ungarn produziert wird und der Firmensitz Schweinfurt ist.
Heute sind Fahrräder aus dem Verkehr nicht mehr weg zu denken. Schließlich ist man damit günstig und schnell mobil. Die Öffentlichen fahren feste Routen, die man mit dem Rad verkürzen kann und so oft auch vorher an seinem Ziel ankommt. Auch viele Sackgassen oder Einbahnstraßen kann man mit dem Rad passieren und Staus lassen sich leichter umfahren. Auch wenn man, um alle Vorteile nutzen zu können, schon mal kurze Strecken über den Gehweg zurücklegen muss, ist das eher ein Kavaliersdelikt und wird selten geahndet. Versucht das doch mal mit dem Auto oder dem Motorroller ;-)
nicht mehr weg zu denken.
Auch Umweltfreunde haben große Freude am Rad, denn der Kohlenstoffdioxyd-Ausstoß verringert sich durch seine Nutzung erheblich, mehr noch als durch Öffentliche. Man könnte sagen, dass es das umweltfreundlichste aller Verkehrsmittel ist, sieht man einmal von den Füßen ab, die aber lange nicht so effizient sind. Was uns zum nächsten Punkt führt: Die Energieeffizienz ist beim Radfahren wesentlich höher als bei allen anderen Fortbewegungsarten. Radelt man mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 16 km/h, so benötigt man je Kilometer etwa 100 Kilojoul (entspricht 24 Kilokalorien). Ein Auto benötigt für die selbe Strecke bei 50 km/h ca. 2,26 Megajoul (2260 kj), die auch noch durch teures Benzin (normaler Weise zwischen 50 bis 100ml pro km) zugeführt werden müssen, während Radfahrer nach 7,5 Kilometern ungefähr ein Käsebrötchen "verbraucht" haben.
Schade nur, dass es zum Abnehmen nicht reicht mit dem Rad auf Arbeit zu fahren. Wer das Rad als Fitnessgerät nutzen möchte sollte längere Touren unternehmen. Das heißt aber nicht, dass das "Stadtradeln" für die Gesundheit nutzlos wäre, denn man trainiert ja immerhin das Herz und aktiviert verschiedene Beinmuskeln.
Ballungszentren, wie das um Nürnberg, haben oft ein großes Problem durch Pendler und andere Auswärtige, die täglich in die Stadt müssen. Die Automassen können teils heute von den Straßen nicht mehr aufgenommen werden. Viele Menschen aus dem Umland arbeiten nun einmal in der Stadt und brauchen dafür das Auto. Doch so entstehen Staus und das Geschwindigkeitspotenzial des KFZ wird nutzlos.
Auch auf den Hauptverkehrsstraßen Nürnbergs staut sich der Feierabendverkehr immer öfter und länger. Es kommt vor, dass man für eine Strecke von 5 Kilometern eine halbe Stunde braucht. Da liegt es für viele nahe das Auto stehen zulassen. Nun kann man aber auch in den Bussen und U-Bahnen in einen Stau geraten. Wer schon mal in der Schulzeit probiert hat morgens um halb acht in eine U-Bahn am Hauptbahnhof zu kommen weiß wovon ich rede. Man fühlt sich bei der ungeheuren Masse an Menschen unweigerlich an Bilder aus Tokio erinnert, wo es bereits seit einiger Zeit Menschen gibt, die dafür bezahlt werden die Passagiere in die Bahn zu stopfen. Umfallen kann man jedenfalls nicht, wenn man in so eine Bahn steigt. Auch hier siegt das Rad im direkten Vergleich. Einen Radstau wird man tatsächlich nur äußerst selten beobachten. Vor allem auf Strecken unter 5 Kilometer, wie sie Bewohner von mittelgroßen Städten, wie Nürnberg meistens zurücklegen, sind Räder besonders effizient und können helfen das Verkehrsaufkommen zu reduzieren. Wer also noch keines hat sollte sich schnell eins kaufen oder den alten Drahtesel aus dem Keller holen. Theodor Herzl wäre sicher beeindruckt zu sehen, wie sehr er mit seiner Prognose über das Rad recht gehabt hat.
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